Bäcker backt „Inflationsbrot“ – Kommt jetzt der billige „Inflationshaarschnitt“?

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Klug agieren in schwierigen Zeiten. Kann der "Inflationshaarschnitt" Sinn machen?
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Klug agieren in schwierigen Zeiten. Kann der "Inflationshaarschnitt" Sinn machen?

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Ein Bäcker aus Kürten macht es vor: Bestseller derzeit ist sein „Inflationsbrot“! Mit dem hellen Weizenbrot aus sehr günstigem Mais will er ein Zeichen gegen die extrem hohen Lebensmittelpreise setzen. Bleibt für uns die Frage: Kommen jetzt etwa auch der „Inflationshaarschnitt“ oder die „Inflationshaarfarbe“ in die Friseursalons? Wir haben bei unseren FMFM Artists Nils Oliver Ferrand, Sonja Hansmann, Jens Engelhardt und Kati Kalinowsky nachgefragt…

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Viele Friseurunternehmer*innen stöhnen. Die Besuchsfrequenzen bei Kund*innen verlängern sich spürbar. Viele Menschen schnallen angesichts rapider Teuerungsraten den Konsumgürtel deutlich enger. Wären da der günstigere „Inflationscut“ oder die „Inflationscolor“ gute Angebote in der Dienstleistugspalette? So rappizappi zwischendurch – quasi als Basic-Versionen zum bestehenden Dienstleistungsangebot? Beschleunigt genau das die Abwärtsspirale – oder entsteht eher ein Anreiz für Kund*innen, zwischen zwei Terminen doch noch mal in den Salon zu kommen? Hier die Meinungen einiger FMFM Artists.

Nils Oliver Ferrand

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Ich halte solche „Inflationsangebote“ für unseren Berufsstand nicht förderlich, da wir sowieso mit Billigpreisen und Soloselbstständigen die keine Steuern zahlen, konkurrieren müssen. Für einen Bäcker ist das cool, da die Preise für Lebensmittel im Verhältnis zum Friseurbesuch noch einmal ordentlich gestiegen sind. Essen ist ein Grundbedürfnis; ein Friseurbesuch ist ein Luxusgut, auf das man THEORETISCH verzichten kann. Ich persönlich schaffe andere Kund*innenanreize. Wir haben momentan ein „Zwischendurch Angebot“ bis Ende des Monats: In einer „Wir sagen Danke“-Aktion bieten wir zwei Wochen lang 25% Rabatt auf alle Farbdienstleistungen, die via Instagram oder WhatsApp vereinbart werden. Das erhöht die Kundenfrequenz, und gleichzeitig erhöhe ich so nochmals mein Engagement in den sozialen Netzen. Eine neue und vergünstigte Dienstleistung zu „erfinden“ – sei es auch nur für einen begrenzten Zeitraum (wo zieht man da die zeitliche Grenze?) – halte ich für wenig förderlich und auch nicht zielführend. So zieht man sich meiner Meinung nach nur Kunden in den Salon, die immer auf der Suche nach dem günstigsten Preis sind. Und das sind Kunden, die weder treu sind, noch Zusatzdienstleistungen buchen. Und genau an diesen Zusatzdienstleistungen verdienen wir im Verhältnis das meiste Geld. Zum Beispiel noch mal Augenbrauen zupfen für 15€, während die Farbe sowieso einwirkt. Der Trend bei den Kunden geht immer mehr zur Natürlichkeit. Selbst eine Balayage, auch wenn es noch sehr oft gebucht wird, flacht langsam ab. Genauso wie die Olaplex-Geschichte. Genau da muss ein zukunftsorientiertes Friseurunternehmen aus meiner Sicht ansetzen: die jungen Kund,-innen einfangen und deren Bedürfnisse annehmen und anbieten. Sei es durch z. B. einen „Students Cut – für Studenten und Azubis“, den ich Dienstag und Donnerstag für 30€ anbiete (ohne Styling), oder einen Pflegecut, wo eine Intensivpflege und ein Pflegeprodukt für zuhause enthalten sind.

Sonja Hansmann

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Ich halte ein solches Angebot für gar keine gute Lösung! Wir verramschen damit unsere Arbeitszeit – und das ist bei ganz vielen Friseur*innen sowieso schon ein großes Problem. Ich kämpfe täglich dafür, dass meine Mitarbeiter*innen die richtigen, angemessenen Preise nehmen, keine Posten vergessen oder die günstigere Kategorie abrechnen. Wir wollen doch als Branche davon weg, unser Geld über die Masse und das Abarbeiten möglichst vieler Kunden zu machen. Wir möchten über Qualität mit weniger Kunden unsere Umsätze machen. Daher ist ein solcher „Inflationshaarschnitt“ sehr kontraproduktiv. Dann nehme ich eher in Kauf, dass meine Kund*innen ihre Termine etwas ziehen. Für Salons, die nicht ausgelastet sind, mag eine solche Aktion vielleicht eine gute Idee sein. Sie könnten beispielsweise in spontanen Leerzeiten ganz kurzfristig ihre Dienstleistungen günstiger anbieten, um Lücken zu füllen. Das halte ich für denkbar.

Jens Engelhardt

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Die Idee, einen „Inflationshaarschnitt“ anzubieten finde ich marketingtechnisch sehr spannend! Man muss halt aufpassen, wie man das begründet. Ich persönlich könnte mir z. B. vorstellen, einen Inflationshaarschnitt, ausgeführt durch meine Azubis, anzubieten. Das wäre sauber oder als Cut&Go-Konzept zu kalkulieren. Wir haben ein Angebot in dieser Art, was wir allerdings nicht so nennen: dabei schneiden wir z. B. die Fades schön zurück und machen die Konturen sauber. Das ist ein sehr abgespeckter Haarschnitt, der billiger ist, als ein kompletter Haarschnitt. Interessant ist das für die Jungs, die alle 2 oder 3 Wochen kommen und sich rausputzen wollen. Das funktioniert sehr, sehr gut. Daher kann ich mir vorstellen, dass eine „Inflationsfarbe“ oder ein „Inflationshaarschnitt“ gut laufen können. Man muss sich halt – wie bei allem – immer fragen, was es langfristig wird, wenn beispielsweise die Inflation deutlich nachlässt.

Kati Kalinowsky

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Ich finde diese Idee solcher Billighaarschnitte schwierig! Wir wissen aus Krisen wie der Pandemie und auch aus dem 2. Weltkrieg, dass unsere Zunft mehr denn je gebraucht wurde und wird und unsere Leistungen unseren Kund*innen etwas wert ist. Wenn es sich im Außen schon nicht gut anfühlt, legen die Menschen besonderen Wert darauf, dass ihre Haare schön sind! Daher setze ich voll auf unser Konzept, dass wir in der Wertigkeit und damit im Preis steigen. Denn dann bezahlen unsere Gäste unsere Leistungen auch gern. Wir leben zum Glück in keinem Entwicklungsland. Viele fahren noch 4 x pro Jahr in den Urlaub. Da wird es wohl möglich sein, beim Friseur 20 Euro mehr zu bezahlen. Ich finde, wir Friseur*innen müssen mutig sein!