„Beratung ist meine Superkraft!“

Jutta Gsell ist das, was man ruhigen Gewissens "ein Original" nennen kann. Jede und jeder in der Branche kennt "die Frau mit der Brille". Der Instagram-Account ihres Salons "Kopf-Kunst" zählt fast 86.000 Follower, darunter sowohl Endverbraucher als auch Berufskollegen. Was ihren Erfolg ausmacht? FMFM-Autorin Daniela Hamburger fühlt Jutta Gsell im Unternehmerportrait auf den Zahn.
Langweilige Ideen sind bei ihr verboten: Jutta Gsell ist ein Energiebündel, immer on the Run auf der Suche nach den neuesten Trends und Techniken und eine Frau der deutlichen Worte. In ihrem Salon „Kopf-Kunst“ im fränkischen Bad Mergentheim gilt seit 30 Jahren die Devise #allesAUSSERgewöhnlich. Das beginnt schon bei Jutta Gsells Optik: Ihr It-Piece sind Brillen. „Seit meinem 15. Lebensjahr trage ich Brillen, und diese waren schon immer entweder extrem winzig oder – wie im Moment – extrem groß. Aber ich fühle mich immer sehr wohl damit“, lacht die selbstbewusste Power-Frau.
„Was darf ich NICHT machen?“
Bei der Beratung ihrer Kund*innen geht ihr Faible fürs Außergewöhnliche weiter: Jutta Gsell fragt eben nicht das typische „Was machen wir denn heute?“, sondern ihr Signature-Satz ist „Was darf ich NICHT machen?“ Für die Saloninhaberin nur logisch: „Ich kann doch nicht einen Laien, eine*n Nicht-Friseur*in, fragen, was ich zu machen habe. Wir Friseur*innen sind doch die Fachkräfte“, erklärt sie. „Ich möchte nur wissen, was ich nicht machen darf, damit ich selber nachdenken kann und auch muss, was passen würde, was schön aussehen könnte.“
Frau der klaren Worte
Wie gut diese Philosophie ankommt und wie exakt sie mit den teils doch sehr mutigen Umstylings in Schwarze trifft, beweisen die begeisterten Kommentare unter ihren Social Media-Reels. „Das ist der Grund, warum ich mich nicht spezialisiere, weil ich den/die Kund*in als Ganzes sehe und ich daher mein Arbeiten nicht einschränken möchte.“
Dabei sagt Jutta Gsell den Kund*innen auch mal auf den Kopf zu, wenn etwas unvorteilhaft aussieht: „Ich bin eine Frau der deutlichen und klaren Worte, weil ich schnell verstanden werden will ohne viel drum herum zu reden“, sagt die Saloninhaberin. „Ich wusste wirklich schon immer, was ich will“, lacht sie.
Feiert mit der Selbstständigkeit ihre Freiheit
Vor 30 Jahren wusste sie, dass sie sich selbstständig machen will und feiert seitdem die Freiheit, sich selbst zu entfalten, sich auszuprobieren zu können: „Es war niemand mehr da, der sagte, das darf man nicht, das macht man nicht“, sagt Jutta Gsell. Ein weiterer wichtiger Meilenstein ihrer Karriere sei der Startschuss zu ihrer Zusammenarbeit mit Wella im Jahr 2003 gewesen. Seitdem steht sie als Akteurin für die Marke auf den großen Bühnen und gehört auch zu den gefragten Consultants, wenn es etwa bei Koleston Perfect Neuerungen gibt.
Schöne Vielfalt des Friseurberufs
Kein Wunder, dass viele Berufskolleg*innen Jutta Gsell kennen und für ihre enorme Expertise in Sachen maßgeschneiderte Dienstleistungen und Typberatung schätzen. Ihnen liefert sie mit ihrem Kopf_Kunst-Account auf Instagram gleichermaßen Fachwissen wie sie Endkund*innen Entertainment bietet – insgesamt hat der Salon nach derzeitigem Stand fast 86.000 Follower. „Ich möchte damit alle animieren, aus dieser Vielfalt zu schöpfen und die Welt schöner werden zu lassen“, fasst Jutta Gsell die Philosophie ihres Contents zusammen.
Auch ihre Website zeigt sehr anschaulich, was Friseur*innen leisten: Sie verfügt über ein Zählsystem, das alle Haarschnitte und Colorationen des Salons addiert und die Berufserfahrung des Teams in Jahren abbildet. Beinahe 185.000 Schnitte bei über 125.000 Farbdienstleistungen gehen auf das Konto der „Kopf-Künstler*innen“ – ein hoher Farbanteil also, der im Salon generiert wird. „Dieser ergibt sich daraus, dass wir uns wirklich die Mühe machen, die Kund*innen im Ganzen anzuschauen.“
Superkraft weitergeben
… und natürlich entsprechend zu beraten: „Die Beratung ist elementar und ein wichtiger Bestandteil unseres Tuns. Sie ist meine Superkraft, die ich seit fast 40 Jahren trainiere“, lacht Jutta Gsell. „und ich versuche, dieses Wissen weiterzugeben.“ Dabei adressiert sie ihre Mitarbeitenden und vor allem ihre Auszubildenden, verändert dieses Jahr sogar ihr Ausbildungssystem entsprechend: „Aufgrund meines Contents werden wir uns zunehmend mit Optik, Wirkung, Optimierung und vor allem mit Individualisierung beschäftigen“, erklärt Jutta Gsell, die nicht nur als erstklassige Ausbilderin ihrer eigenen Lehrlinge bekannt ist, sondern darüber hinaus auch an der Berufsschule unterrichtet.
Breiter Schatz an (Fach-)Wissen
Auch sie selbst ruht sich nicht auf ihren Lorbeeren aus, sondern saugt alles Wissen auf, das sie kriegen kann, um sich immer weiter zu entwickeln. Regelmäßige Fortbildungen für sich selbst und ihr Team erlauben, einen möglichst breit aufgefächerten Wissensschatz anzueignen – wie gesagt, ohne Spezialisierungen, die einen einschränken könnten. „Ich möchte mir selber nicht im Weg stehen und versuche, auch niemand anderem im Weg zu stehen. Denn alles, was man gut findet, implementiert man in sein Ich“, erklärt Jutta.
Keine Unterstützung für Egoist*innen
Eine gute Branchenzukunft sieht sie nur, wenn die Erfahrenen die Jungen mit ins Boot nehmen. Aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger und von oben herab, sondern mit dem Willen, gegenseitig voneinander zu lernen: „Austausch muss stattfinden, und wir müssen einander zuhören, um gegenseitig profitieren zu können“, sagt Jutta Gsell. Für Kolleg*innen, die sich aus dieser Verantwortung raushalten möchte, hat sie klare Worte: „Nur mit WIR wird es besser werden. Es darf nicht sein, dass keine 10 Prozent in unserer Branche mehr ausbilden. Das ist ein Egoismus, den ich nicht unterstützen kann und auch nicht möchte.“
Co-Working-Angebot für mehr Selbstbestimmung
Für Jutta Gsell ist es selbstverständlich, den Bedürfnissen der derzeitigen Mitarbeitergeneration entgegen zu kommen. Ein Teil der 14 Bedienplätze bei „Kopf-Kunst“ steht daher für die Möglichkeit des Co-Working offen. Dadurch soll der Ruf der Jungen nach flexibler Arbeitszeit und -pensum sowie mehr Work-Life-Balance gehört werden. „Allerdings hapert es noch ein bisschen, weil zur Selbstbestimmung auch Selbstverantwortung gehört“, sagt Jutta Gsell mit einem Augenzwinkern.
Kein Stillstand
Dafür, dass es für sie selbst und ihr Unternehmen erfolgreich weitergeht, setzt Jutta Gsell auf Kontinuität. Sie ist entsprechend auch eine wichtige Zutat für das Erfolgsrezept ihres Salonunternehmens: „Wir passen uns immer wieder dem Neuen, den veränderten Ansprüchen und Anforderungen an. Bei uns Kopf-Künstler*innen ist der/die Kund*in das Wichtigste. Genau das dürfen und sollen sie bei jedem Besuch erleben und spüren.“