„Ich bin lieber Einzelkämpfer statt Teamplayer!“

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Melanie Drenske hat sich bewusst entschieden, allein zu arbeiten - und lebt ganz gut mit dem Entschluss!
Melanie Drenske hat sich bewusst entschieden, allein zu arbeiten - und lebt ganz gut mit dem Entschluss!

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Zum Thema „Soloselbstständigkeit“ gehen die Meinungen – zumindest mit Blick auf Social Media – auseinander. Die einen verteufeln den Alleingang als egoistischen Karriereschachzug, während andere den Mut der Solisten bewundern. Denn der Schritt zur One-Man- oder -Woman-Show ist nicht ohne Risiken, wie Friseurin Melanie Drenske aus Hennigsdorf weiß. Sie hat sich dennoch getraut - und lebt seit sieben Jahren ihren Traumberuf ganz nach ihren Wünschen und Vorstellungen aus. Wie sie es geschafft hat, die Stolperfallen zu umgehen und welche Zukunftspläne sie hat, erzählt sie uns im nachfolgenden Interview.

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Mir ist klar geworden, dass ich mir genug bin. 

Angestellt arbeiten vs Soloselbstständigkeit. Melanie, warum hast Du Dich für eine Solokarriere entschieden? 

Ich war über 20 Jahre angestellt – eine schöne Zeit, die aber irgendwann für mich zuende war. Ich wollte einfach selbst steuern, anstatt nur zu rudern. Also habe ich mich selbstständig gemacht, um die Früchte meines Fleißes zu ernten und einen kleinen, 70 qm großen Salon eröffnet. Zuerst stand noch gar nicht fest, dass ich den Laden ganz allein schmeißen möchte. Diese Entscheidung kam erst später, als ich gemerkt habe, dass ich mich selbst eher in die Kategorie Einzelkämpfer als Teamplayer einordne.  

Die One-Woman-Show war also ein Prozess und keine Ad hoc-Entscheidung? 

Genau. Ich habe so viele Jahre in einem großen Team gearbeitet, als ich dann allein auf mich gestellt war, ist mir klar geworden, dass ich mir genug bin. Natürlich war es in der ersten Zeit meiner Selbstständigkeit eine riesige Umstellung. Vor allem in der ersten Woche setzte bei mir die Erkenntnis ein, dass Vorstellung und Realität nicht immer übereinstimmen! Trotzdem würde ich rückblickend alles wieder genauso machen. Ich gehe jeden Tag mit solcher Freude arbeiten, dass ich mit Recht behaupten kann: Ich lebe für das Friseursein! Für mich ist das Handwerk nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. 

Allein sein birgt natürlich auch Risiken mit sich, wie zum Beispiel Dienstausfall bei Krankheit. Wie hast Du das geregelt?

Ich bin in den vergangenen 12 Monaten vier Monate krankheitsbedingt ausgefallen, und meinen Laden gibt es trotzdem noch. Natürlich braucht man als Selbstständiger –  und gerade als Soloselbstständige – Ressourcen und Rücklagen, um solche extremen Notsituationen abzufedern. Eine Krankentagegeld-Versicherung ist da Pflicht, auch wenn diese in meinem Fall nicht alles abfedern konnte. Ich musste mir zusätzlich etwas Geld von meinen Eltern borgen.

Soloselbstständigkeit ist eine Sache der Einstellung und richtigen Planung! 

Nun hat nicht jeder das Glück, Freunde und Familie um Hilfe bitten zu können. Ist das Konzept für diejenigen dann also ein No-Go? 

Nicht unbedingt. Man muss einfach vorausschauend kalkulieren, wirtschaftlich arbeiten und sich einen Puffer zulegen, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Man sollte jetzt nicht von meinem Extremfall ausgehen. Nehmen wir nur mal das Beispiel Urlaub: Ich mache drei Wochen im Jahr Urlaub, die ich entweder vorausschauend erarbeite oder eben im Nachhinein mit mehr Arbeit ausgleiche. Dann stehe ich auch mal am Sonntag im Laden oder bis spät abends. Ist die Soloselbstständigkeit härter als die „normale“ Selbstständigkeit? Klar, das ist sie. Aber sie ist – zumindest für mich – auch wesentlich befriedigender.   

Inwiefern macht Dich die Solokarriere glücklicher als die Selbstständigkeit mit Team?

Es ist einfach ein anderes Arbeiten. Man kann sich voll auf das Handwerk und den Kunden  konzentrieren. Kein ohrenbetäubender Geräuschpegel, wo fünf Föhne brüllen oder das Telefon ununterbrochen klingelt. Eine simple 1:1 Betreuung in einem geschützten Rahmen, wo meine Kunden*innen in ihrer gebuchten Zeit bei mir meine volle Aufmerksamkeit erhalten. Hinzu kommt die Freiheit, mit niemanden Absprachen wegen Urlaubsplanung und Arbeitszeiten machen zu müssen und die Auswahl des Produktportfolios im Laden. Die Pro-Liste könnte ich wahrscheinlich noch ewig fortführen. Für mich ist meine Soloselbstständigkeit im Moment das Nonplusultra!      

Im Moment? Denkst Du etwa daran, Dir jemanden zur Seite zu stellen?   

Sag niemals nie. Es gäbe eine Person, die ich einstellen würde. Aber das zeigt sich erst in ferner Zukunft, ob das Risiko wirklich tragbar ist oder nicht. Zurzeit reiche ich mir völlig. 

Was sagst Du denjenigen, die meinen, Solokarrieren sind das Ende der Branche mit Hinblick auf den Nachwuchs?

Totaler Unsinn. Der Nachwuchs- und Mitarbeitermangel hängt nicht vom Trend der Soloselbstständigkeit ab, sondern basiert auf dem schlechten Image des Friseurhandwerks: Schlechte Bezahlung, lange Arbeitszeiten, unbefriedigende Arbeitsbedingungen, schlechte Führung usw. sind die Ursachen dafür, dass niemand mehr das Handwerk lernen möchte oder tatsächlich den Beruf an den Nagel hängt und in eine andere Branche wechselt. Eine Tatsache, die ich selbst erlebt habe (von einem Team aus 20 Leuten waren zum Ende meiner Angestelltenzeit nur noch fünf da).  Hinzukommt die Motivation der Generation Z, die gelinde gesagt, unterirdisch ist. Die Wahrscheinlichkeit, einen Jugendlichen zu finden, der mit Ehrgeiz, Fleiß und Herzblut diesen Beruf erlernen möchte, geht gegen null. Sollte es so jemanden geben, wäre ich tatsächlich bereit, das Risiko einzugehen und würde ausbilden.