Schaut hin! Auch DAS ist Corona: Ein Virus, vier Blickwinkel.

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3 Gesichter, 3 Schicksale: Andi Ehrle mit seinen Kindern Romy (l.) und Davie (r.)
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3 Gesichter, 3 Schicksale: Andi Ehrle mit seinen Kindern Romy (l.) und Davie (r.)

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Corona berührt uns alle. Ein winziges Virus formt Millionen unterschiedliche Schicksale, verändert Welten und beschert vielen von uns schlaflose Nächte. Jeder empfindet diese Zeit auf seine Art, anders und einzigartig. Friseurinhaber Andreas Sebastian Ehrle lässt (s)ein krasses Jahr Revue passieren und lädt uns ein, seiner Geschichte aus vier Blickwinkeln zu folgen. Teils überraschend, teils irritierend, aber immer echt. Setzt euch, holt euch einen Kaffee und am besten noch ein paar Taschentücher dazu.

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TEIL I PROLOG

Es war für viele nur ein ganz normaler Tag, eben an diesem einen Tag im März 2020. Für mich selbst war es ein ganz besonderer Tag. Draußen war es schon etwas wärmer als die Tage zuvor. Drinnen war es schön kuschlig warm. Das Herzklopfen meiner Mama noch ganz nah bei mir. Wir hatten Glück. Gleich als ich aus dem Schlaf ins Helle gerissen wurde, durfte ich zu meinem Papa. Eine gute Woche später durften die Papas nämlich nicht mehr dabei sein, bei der Geburt mit einem Kaiserschnitt. Corona wurde langsam größer; die Medien voll damit. Alle hatten Angst und konnten es nicht wirklich einschätzen. Es ist komisch, in eine Art von Krieg geboren zu werden, wo die Menschen kiloweise Klopapier zuhause horten und auf Abstand gehen. Es ist komisch, wenn die Menschen um einen herum alle Masken auf der Nase haben, ich nicht mal sehen kann, wer das ist. Und das nicht nur, weil ich am Anfang eh nur verschwommen sehe. Wir waren nur daheim und das sind wir so gut wie fast immer – bis heute. Meinen Opa habe ich leider noch nie in echt sehen und fühlen können. Der hatte Krebs und befürchtet, dass er eine Corona-Infektion nicht überleben würde. Er schützt sich. Mein Papa sagt ihm immer, dass er sein Leben auch leben sollte, aber Opa Peter weiß, was es heißt, in der Klinik gegen den Tod zu kämpfen. Ich bin zwar noch klein und ihr denkt, das alles macht mir nichts aus, aber auch mir fehlt schon so viel. Egal, was meine Eltern planen und was sie entscheiden … alles ist immer mit Vorsicht und Verstand – und leider ohne Emotion. Die Leichtigkeit fehlt ihnen und das betrifft uns alle. Ich hoffe so sehr, dass ich mal an den Strand komme. Einfach dorthin, wo es warm ist, ich viel sandeln kann und das Meer sehe. Manchmal erzählt Papa mir davon und verspricht mir, dass er immer auf mich aufpasst, mir nichts passieren wird und er immer für uns da ist. Er sagt, das darf ich nie vergessen. Manchmal höre ich ihn weinen in der Nacht. Ich glaube, er hat viel Angst vor dem, was noch kommt. Angst davor, schwach zu sein und auch Angst davor, dass es nicht gut geht. Mein Papa ist aber stark und wir schaffen das.

Ich heiße Romy und ich bin schon 21 Monate alt!

TEIL II

Ich stehe jeden Morgen auf und frage mich, was diese Scheiße soll. Es nervt mich komplett und ich will schon keine Nachrichten mehr anmachen. Es wird echt eng langsam. Vom Tag eins an glaube ich nicht an den Spuk, ich glaube nicht an das, was mir da gezeigt und gesagt wird. Die Kliniken sollen voll sein. Mit was auch immer? Ist doch einfach nur eine Grippe. Gestorben ist doch da auch keiner dran, bis jetzt. Das, was sie uns zeigen, ist alles Fake. Die Politik will uns steuern und im Griff haben. Gechipped haben sie die Deppen, die sich impfen ließen. Erste Spritze, da wächst der Chip dann in dir, zweite Spritze zur Aktivierung. Ist doch ganz einfach und klar. Ein Jahr bleibt ihnen nach der ersten Spritze, dann ist Schluss. Sterben werden viele von ihnen. Geimpft und deine Uhr tickt. Selbst schuld. Da kann ich nur lachen über die Idioten, die da mitmachen – und nun wollen sie uns auch noch zwingen. Auswandern will ich, mir ein neues Land suchen. Wo es anders läuft. Die Demos waren echt cool. Alle haben sich geliebt, wie bei den Hippies oder in Woodstock. Eine Einheit sind wir und wir müssen es durchziehen. Corona gibt es nicht. Eine Erfindung der Feinde. Sie wollen die komplette Kontrolle und Macht über uns. Es ist DAS Gefühl, nein zu sagen. In meinem Leben habe ich leider sonst nicht so viel zu melden. Muss oft erdulden und akzeptieren. Hier ist meine Chance, mal nein zu sagen. Rebellieren will ich. Einfach auch aus Prinzip. Jetzt bin ich dran!

Ich bin Impfgegner! (Wisst Ihr was, liebe Kollegen: Diese Scheiße musste ich mir die letzten Monate viel zu oft anhören. Frage an Typen wie Dich, Du schlauer Impfgegner: Hast Du Dich mal reden gehört? Keine Ahnung, was oder wer Dir das Hirn verblasen hat!)

TEIL III

Heute ist der 11.11.2021. Schon lange freue ich mich auf diesen Tag. In den letzten Tagen haben wir schon einiges dafür gebastelt. In meiner Gruppe ist die Vorfreude zu spüren. Sobald es heute zu dämmern beginnt, sollte es losgehen, unser Laternenfest. Mama ist mit dabei und Papa hat sogar Kundinnen verschoben und vorgezogen, damit er dabei sein kann. Das ist ihm wichtig und das finde ich so toll. Aber leider findet unser Fest dann doch nicht statt. Die Corona-Zahlen sind zu hoch, es ist zu riskant. Knapp zehn Kinder und die Eltern dazu. Nicht bei jedem die Mama und der Papa, draußen in der Kälte mit Laterne und Maske. Beim Singen mit Abstand…. Das ist zu gefährlich – so wurde es entschieden und so sind dann wohl auch die Regeln. Obwohl wir alle getestet sind, auch die Kleinen von uns. Am selben Abend macht mein Papa die Nachrichten an und wir sehen viele Leute, die in Köln den Karneval feiern. In Hallen und draußen. Zu tausenden. Die trinken sogar viel Alkohol. Das finde ich nicht fair und mein Papa schreit herum. Er regt sich so auf und sagt, dass es ihn wütend und traurig macht. Mich auch. Als ich auf die Welt gekommen bin, war alles noch normal. Und auf einmal hatten alle nur noch diese Masken an. Sprachen immer vom Abstandhalten und Händewaschen. Ich durfte lange nicht mehr in den Kindi, meine Freunde kann ich mittags nicht sehen. Niemand durfte uns besuchen, nicht einmal meine Oma. Ich spiele oft alleine und rede mit mir selbst. Mir fehlt das, was ich anders kenne. Oft sagt Papa, wir könnten keine Waffel essen gehen, das ginge nicht, wegen Corona. Wir bleiben daheim und schützen uns. Meine Freundinnen und Freunde haben Geburtstag, aber wir können nicht feiern. Ich würde so gerne mal wieder nach Mallorca oder in die Heimat meiner Mama, Sizilien. Da hat es mir so gut gefallen. Im Flugzeug ist es toll und alle sind so nett zu mir. Bald ist die Taufe von meiner kleinen Schwester. Wir lassen sie taufen, aber ohne Familie und Freunde. Nur die allerwichtigsten werden kommen können. Das finde ich so schade. Wenn mein Papa mich fragt, was ich an Corona am blödesten finde, sage ich ihm: „Na, dass das Corona-Virus manchmal von oben an den Boden kommt, zum Glück nicht so oft, Papa.“ Ich wünsche mir so sehr, dass Corona verschwindet und dass mein Papa neben mir wieder besser schlafen kann. Ich glaube, es ist noch schlimmer, wenn du die Dinge gesehen hast und nun nicht mehr sehen kannst. Schlimmer, als wenn du die Dinge nie gesehen hast und von den Erzählungen lebst. Wir sind dann alleine Laterne gelaufen.

Ich bin der Davie und ich bin vier Jahre und sechs Monate.

TEIL IV – EPILOG

Wieder mal Donnerstag und meine Enttäuschung wird nicht weniger. Ich lege den Hörer auf und mir reicht es. Gerade habe ich von meinem Steuerbüro erfahren, dass ich die Soforthilfe – wie fast alle anderen auch – komplett zurückzahlen muss. Ratenzahlung ist anscheinend möglich. Super, denke ich mir. Wer zahlt denn dann noch die Kosten für die Bearbeitung des Antrags? Ich natürlich – das ist ja das Unternehmerrisiko. Wir stehen gefühlt vor dem nächsten Lockdown, die Ungeimpften müssen sich mit PCR-Tests testen lassen. Frage an euch: Hat sich schon mal jemand, um zu euch zu dürfen, für ‚nen guten Fuffie PCR-Testen lassen, um dann einen Schnitt für weniger oder den gleichen Betrag zu bekommen? Bei mir nicht! Die kommen dann halt mal einfach nicht, sagen nicht ab und du stehst da. Mit ‚nem leeren Stuhl und ohne Geld. Läuft doch gut bei mir?! Wir leben nun bald zwei Jahre mit der Pandemie, halten uns an alles und beachten die Regeln. Wir tragen Masken, kontrollieren die Kund*innen, obwohl wir sie seit 20 Jahren kennen, nehmen die Kontaktdaten auf, halten die Abstände ein, reinigen ständig die Arbeitsplätze und hören uns von morgens bis abends den Corona-Shit-Talk der Kund*innen an. Ich spüre einen extremen Frust in mir. Jeder Lockdown war ein Kampf. Eine Angst, die wächst. Gleichzeitig wächst mit jeder Schließzeit das Gefühl des Aufgebens in mir. Ich mache den Job gefühlt seit einer Ewigkeit. Immer gerne und mit Leidenschaft. Aber jetzt fehlt die Leichtigkeit. Ich gehe arbeiten, ich gehe heim. Schaue nach meiner Familie und schütze sie. Ich gehe arbeiten. Sonst nichts. Wenn ich meine heile Welt daheim nicht hätte, wäre das im Moment echt richtig schwer für mich. Ich war schon immer ein freiheitsliebender Typ. Freiheit und auch Demokratie fühlen sich halt anders an. Wenn ich mich mit ungeimpften Menschen unterhalte, kommt sehr oft die Aussage, dass sie sich nicht einengen lassen, sich nicht zwingen lassen wollen, sich zu impfen. Das wäre eine Einschränkung ihrer Freiheit. Hey Du! Eine Maske auf dem Rüssel engt Dich nicht ein? Ein Besuch im Gym, geimpft und trotzdem mit Test? Dasselbe im Restaurant? Deine Kinder, die nicht in die Schule können? Urlaube, die Du besser lassen solltest? Kontaktbeschränkungen? Kinder, die vereinsamen, alte Leute, die ohne die Familie dreckig und alleine gestorben sind? Jüngere und auch junge Menschen, die auch alleine gegangen sind. Unternehmer, die alles verlieren? Klinikpersonal an der Grenze? Ich habe einige Mediziner*innen in meiner Kundschaft. Du siehst es in ihren Augen: aber hör ihnen doch einfach mal zu! Impfen in Deutschland kostet kein Geld. Den Leuten wird zum Teil sogar was geboten, wenn sie sich impfen lassen. Meine Frau hat damals tage- und nächtelang versucht, einen Slot zu bekommen. Für unsere Familie und uns. Ich war glücklich, als der Tag mit der ersten Spritze kam. Und das, obwohl ich anfangs selbst kein Freund der Impfung war. Klar war ich auch etwas ängstlich. Aber hallo – ich mache das für die Leute um mich herum, meine Kund*innen, meine Familie, meine Kinder, mich selbst; ich mache es, weil es loyal und solidarisch ist und ich mache es, weil man es halt macht, verdammt! Warum gibt es keinen da oben, der am Tisch entscheidet und den Hammer mal schwingt? Ich weiß nicht, was mit unserer Gesellschaft passiert, aber ich weiß, dass wir aufpassen müssen. Der Hass, die Verständnislosigkeit den anderen gegenüber nehmen zu. Die Regierung zieht den Ungeimpften die Schlinge um dem Hals so langsam enger. Es wird unschön und schwerer für sie. Das alles irgendwie durch die Blume, aber bisher noch ohne Impfpflicht. Ich glaube, dass viele der Ungeimpften sich jetzt auch impfen lassen würden, dass sie aber nicht so recht wissen, wie sie das am besten kommunizieren sollen. Wieso sie denn nun auch geimpft sind. Mein Tipp: Einfach machen, ohne zu denken – das wäre ein Weg! In ärmeren Ländern würden die Leute wahrscheinlich ihre Hütten hergeben oder eine Niere opfern, um eine Impfung zu bekommen. Dort sterben sie im Dreck. Ohne den Schlauch im Hals, auf der Straße. Leute, wacht auf und macht das, was ihr machen müsst! Nicht aus Pflicht und nicht aus Zwang, sondern einfach nur aus Dankbarkeit dafür, dass ihr Menschen auf diesem wundervollen Planten sein dürft. Wir sind alle Gastarbeiter*innen, denn wir sind nur für eine für uns bestimmte Zeit hier. Unsere Zeit zu gehen kommt so oder so. Fordert es doch nicht heraus, nur wegen eines kleinen Piks. Also, Ärmel hoch und rein damit!

Ich bin Andi, Friseur aus Liebe und zweifacher Vater