„Entweder über sich hinauswachsen - oder gar nicht erst anfangen!“

Tarik Ari ist passionierter Barber. Trotz massivem Gegenwind durch seinen ersten Lehrmeister, der ihm schon zu Beginn der Ausbildung prophezeite „Mit diesem Job wirst du niemals Geld verdienen!“, nahm er seine Karriere erfolgreich selbst in die Hand. Mit wahrem Pioniergeist und krass viel Energie stellte er seine beruflichen Zeichen auf Zukunft. Über Brüche im Leben und Startrampen für Veränderung.

„Als ich zum ersten Mal eine echte Profimaschine in der Hand hielt, habe ich Feuer gefangen. Ich erlebte erstmals, was mit einem solchen Tool alles möglich ist.“

Tarik, nach der Schule hast du zunächst eine Bäckerlehre begonnen. Das ist ein ungewöhnlicher Start für einen Barber, der inzwischen zu den erfolgreichsten Männerfriseuren Deutschlands gehört.

Ja, das stimmt. Nach der Schule hatte ich keine Lust auf gar nichts. Da hat meine Mutter das Heft in die Hand genommen und mir einfach ein Vorstellungsgespräch bei einem benachbarten Bäcker besorgt, der einen Auszubildenden suchte. Als der sagte, ich könnte direkt am nächsten Tag anfangen, war ich echt geschockt. Ich musste nachts um zwei Uhr zur Arbeit antreten. Das habe ich ein halbes Jahr gemacht – und mir dann eine neue Ausbildungsstelle gesucht: diesmal endlich als Friseur!

Heißt das, du wolltest schon immer Friseur werden?

Naja, vermutlich war mir das damals, also vor dem gescheiterten Versuch, aus mir einen Bäcker zu machen, selbst noch gar nicht so klar. Obwohl einige Verwandte in der Türkei Barbiere sind und ich das schon als Kind interessant fand. Während meiner Schulzeit habe ich bereits nebenbei aus Spaß einigen Kumpels die Haare geschnitten – übrigens mit einer Panasonic vom Flohmarkt (lacht). Klar waren diese Cuts noch nicht formvollendet, aber darum ging es damals auch nicht.

Als ich dann endlich in der Friseurlehre war und zum ersten Mal eine echte Profimaschine in der Hand hielt, habe ich Feuer gefangen. Ich erlebte erstmals, was mit einem solchen Tool alles möglich ist. Mit den Dienstleistungen für Frauen im Salon konnte ich ohnehin nie viel anfangen. Daher hatte ich schon zu Beginn meiner Friseurausbildung den Wunsch: Ich möchte im Anschluss meinen Meister machen und einen eigenen Laden im gehobenen Männersegment eröffnen! Mein damaliger Ausbilder in einem Etepetetesalon hat mich allerdings ausgelacht und gesagt: „Tarik, mit diesem Job wirst du niemals Geld verdienen!“

Nicht gerade ein motivierendes Umfeld für Nachwuchs, der Träume und Ziele in diesem Beruf hat.

Das stimmt allerdings. Das war letztlich auch nicht der Betrieb, in dem ich erfolgreich meine Ausbildung beendet habe.

„Nach einem Gang zum Arzt war klar, dass ich an Diabetes leide. Das war ein echtes Pfund für mich!“

Das bedeutet was?

Nun ja, ich wurde gegen Ende des ersten Ausbildungsjahres plötzlich immer schlapper und müder. Nach einem Gang zum Arzt war klar, dass ich an Diabetes leide. Meine Mutter wollte mir die Diagnose damals schonend beibringen und sagte zu mir: „Das ist nichts Schlimmes; das hat der Opa auch. Du musst dich jetzt nur vor jeder Mahlzeit spritzen.“ Das war ein echtes Pfund für mich! Wie: nicht schlimm? Und spritzen vor jedem Essen? Das ist für einen jungen Menschen der Hammer.

Aber letztlich habe ich das einfach angenommen. Das war auch das Beste, was ich machen konnte, denn nach acht Wochen hatten mich die Ärzte soweit medikamentös eingestellt, dass ich wieder fit war und arbeiten gehen konnte. Als ich zurück in meinen Lehrbetrieb kam, stand da allerdings schon mein Chef parat und auf dem Tisch lag ein Aufhebungsvertrag. „Tarik“, sagte mein Ausbilder zu mir, „du wirst den Beruf des Friseurs körperlich mit dieser Krankheit nicht stemmen können.“ Bähm. Da stand ich dann und war sprachlos. Vor allem, weil aus meiner Sicht gar nichts dagegen sprach, dass ich wieder voll einsatzfähig sein würde.

Wow, das ist mal ein Schuss vor den Bug! Was hast du dann gemacht?

Ich habe gesagt, dass ich mich jetzt in der Umgebung nach einem Ausbildungsplatz umschaue, wo ich meine Friseurlehre fortsetzen kann – und dann erst den Aufhebungsvertrag unterschreibe. Das habe ich dann auch gemacht. In Bonn Niederkassel war ich dann erfolgreich und konnte in einem anderen Salon meine Ausbildung weitermachen.

Als ich dort anfing, habe ich erst gemerkt, was das Ganze eigentlich für eine glückliche Fügung war, denn ich stellte fest, dass ich nichts, aber auch gar nichts konnte! Ich war im ersten Betrieb ausschließlich als billige Hilfskraft eingesetzt worden, um Zuarbeiten zu erledigen. Aber von eigentlicher Ausbildung war keine Spur. Im neuen Salon hatte ich einen tollen Chef, der wirklich und ehrlich an mich glaubte!

„Ich selbst stand mir im Weg! Zu diesem Zeitpunkt habe ich nämlich noch nicht so recht an mich geglaubt.“

Was hat sich durch diesen harten Cut für dich verändert?

Eigentlich alles! Statt täglicher negativer Vibes und Unterforderung hat mich der neue Chef motiviert und mir Aufgaben übertragen. „Tarik, das kriegst du hin!“ hat er immer gesagt und mir seine Hand gereicht. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar. Dank seines Einsatzes habe ich dann – zwar mehr recht als schlecht, weil mir so viele Grundlagen fehlten – die Ausbildung abgeschlossen.

Dann stand ja deinem Ziel „erst Meister machen und dann einen Salon im gehobenen Herrensegment eröffnen“ nichts mehr im Weg, oder?

Doch, ich selbst stand mir im Weg! Zu diesem Zeitpunkt habe ich nämlich noch nicht so recht an mich geglaubt. Die Ausbildung hatte ich nur mit Ach und Krach geschafft. So prall war das nun nicht. Allerdings hatte auch damals wieder das Schicksal seine Hände im Spiel. Bei einem Familientreffen traf ich den Freund meines Onkels, der mich nach meinen Plänen fragte. Er war der Meinung: „Wenn du den Meister jetzt nicht machst, wird das nichts!“ Sagte es – und schuf einfach Fakten. Denn er meldete mich eigenhändig bei der Meisterschule an, ohne dass ich mich hätte wehren können (lacht). Das war letztlich mein Glück. Denn ohne seine Überzeugung wäre ich diesen Schritt nicht gegangen.

„Bei der TOP HAIR MESSE vor knapp 4.000 Zuschauern wurde mir klar: Ich möchte mit meinem Job und meinem Know-how als Barber in dieser Branche Fußstapfen hinterlassen!“

Wann warst du dir sicher, dass du wirklich als Barbier durchstarten kannst?

Das war 2013. Ich arbeitete nach meinem Meister damals bei einem Herrenfriseur und hatte mir das Schlüsselbein gebrochen sowie die Schulter ausgekugelt. Drei Monate lang konnte ich daher gar nicht arbeiten. Da hat man Zeit, über das Leben nachzudenken. Es war zu dem Zeitpunkt nicht sicher, ob ich jemals wieder in meinem Beruf würde arbeiten können. Also habe ich mich bei der Allianz beworben.

Als die mich sofort als Versicherungsmakler einstellen wollten, spürte ich: Nein, das bist du nicht! Zum Glück wurde mein Arm wieder gesund und ich war wieder als Friseur im Salon unterwegs. Als ich kurz darauf die Chance bekam, bei der TOP HAIR Messe vor knapp 4000 Zuschauern auf der großen Showbühne als Akteur und Barber zu stehen, wurde mir eines ganz klar: Ich möchte mit dem, was ich so liebe, mit meinem Job und meinem Know-how als Barber in dieser Branche Fußstapfen hinterlassen!

War das auch der entscheidende Switch, der dich in die Selbstständigkeit katapultierte?

Ja, im Grunde schon. Denn damals lernte ich Micha Birkhofer von den 1o1 Barbers kennen. Er sah Potenzial in mir und bot mir für den Fall, dass ich mich selbstständig machen wollte, seine Unterstützung an. Ich war völlig „on fire“ für diese Idee und fand auch relativ schnell ein Ladenlokal in bester Lage am Siegburger Marktplatz. Was mir jetzt nur noch fehlte, war das Startkapital für meinen Barbershop.

„Mit dem neuen Salon habe ich mir tatsächlich einen weiteren Traum erfüllt. Die Arbeit am Stuhl mit meinen Kunden erfüllt mich zutiefst.“

„Nur“, ist gut. Kredite für Friseure sind nicht gerade leicht zu bekommen…

Ganz genau. Daher kam die Idee auf, meinen Opa bitten, mir diese nicht eben kleine Summe zu leihen. Micha riet mir, ihn zu fragen, ging aber nicht wirklich davon aus, dass es realistisch wäre, das Geld von ihm zu bekommen. Kurz: Ich rief meinen Opa an, der damals gerade in der Türkei war, und erzählte ihm von meinen Ideen und meinem Traum, einen eigenen Barbershop zu eröffnen.

Als wir auf das Thema „Kredit“ bei ihm kamen, stellte er mir nur eine Frage, und die lautete: „Glaubst Du selbst daran, dass du erfolgreich selbstständig sein kannst?“ Als ich ja sagte, erwiderte er nur: „Dann glaube ich auch daran.“ Zu meiner Überraschung überwies er mir das gesamte Startkapital, das ich brauchte. Es konnte losgehen! Das war der Anfang meiner Karriere als selbstständiger Barber und der Beginn von „Der Barber“ in der Marktpassage in Siegburg.

Das Vertrauen deines Opas in dich hast du nicht enttäuscht. Gerade erst hast du einen neuen, deutlich größeren Salon in Siegburg mit einem Shop-in-Shop Konzept eröffnet.

Mit dem neuen Salon habe ich mir tatsächlich einen weiteren Traum erfüllt. Die Arbeit am Stuhl mit meinen Kunden erfüllt mich zutiefst. Mit all diesen unterschiedlichen Menschen zu kommunizieren, ihnen tolle Looks zu verpassen und Barber, Psychiater und bester Freund in einer Person zu sein, ist ganz mein Ding.

Gleichzeitig habe ich auch außerhalb des Barbershops viel Abwechslung. Ich bin Markenbotschafter für klasse Labels wie Panasonic, Planity und die Herrenmarke Barber Italiana und gebe Seminare für Kollegen. Und bei allen Projekten, die ich mache, steht meine Frau immer hinter mir. Ich bin wirklich ein glücklicher Mann.


Lieblingstools sind Lovestories

Leidenschaft ist das beste Werkzeug. Direkt danach kommt der Lieblings-Clipper. Wie kaum ein anderes Handwerk ist das Friseurhandwerk von Liebe, Leidenschaft und Kreativität erfüllt. Haare zu schneiden, sie zu modellieren und Menschen dabei zu unterstützen, ihr eigenes ICH strahlend nach außen zu zeigen – nichts ist schöner als das!

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