Tschüss Urlaub, hallo Quarantäne! Muss der Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen?

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Urlaub im Risikogebiet führt in diesem Sommer oftmals direkt in die Quarantäne
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Urlaub im Risikogebiet führt in diesem Sommer oftmals direkt in die Quarantäne

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Derzeit befinden sich viele Salonangestellte im Sommerurlaub. Nachdem zahlreiche europäische Länder wieder bereist werden dürfen, lassen sich Tausende Arbeitnehmer von Covid-19 nicht mehr abschrecken und steigen in voll besetzte Flugzeuge, um Meer, Sonne und dolce vita zu genießen. Doch wie sieht das eigentlich aus, wenn nach der Rückkehr aus diversen Gründen Quarantäne angesagt ist? Mit oder ohne Erkrankung? Ist der Salonunternehmer als Arbeitgeber dann verpflichtet, während dieser Zeit den Lohn weiterzuzahlen? Wir haben für euch beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales nachgefragt.
Schon mal vorab sorry für das Beamten-Deutsch. Wir haben uns aber weitgehend bewusst an den Wortlaut gehalten, um Missverständnisse zu vermeiden. Manches müsst ihr halt wie wir auch zweimal lesen…

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Ist der Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtet, dem Arbeitgeber zu berichten, dass er in einem Risikogebiet seinen Urlaub verbringen wird bzw. verbracht hat? Eine gesetzliche Verpflichtung, dem Arbeitgeber mitzuteilen, wo sich Arbeitnehmer in ihrer Freizeit aufhalten und ihren Urlaub verbringen, gibt es nicht. Allerdings kann es dem Arbeitnehmer obliegen, dem Arbeitgeber mitzuteilen, ob er sich an einem Ort aufgehalten hat, für den wegen einer Infektionsgefahr eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bestand oder der in einem vom RKI ausgewiesenen Risikogebiet liegt. Der Arbeitgeber kann ein entsprechendes Fragerecht haben, soweit aufgrund der betrieblichen Erfordernisse das Informationsinteresse des Arbeitgebers das des Arbeitnehmers an der Nichtbeantwortung der Frage überwiegt. Dies gilt auch für den Fall, wenn erst während des Urlaubs das Reiseziel zum Risikogebiet erklärt wird.

 

Wie verhält es sich, wenn der Arbeitnehmer mit einer Covid-19-Infektion aus dem Risikogebiet zurückkehrt? Greift hier die Krankschreibung? Mit dem Eintritt der COVID-19-Erkrankung gelten die üblichen Regelungen bei ärztlicher Feststellung einer Erkrankung.

 

Hat der Arbeitnehmer selbst dann Anspruch auf Lohnfortzahlung im unerkrankten Quarantänefall, wenn er aus einem Urlaub in einem Risikogebiet zurückkehrt und/oder diesen bewusst in einem Risikogebiet angetreten hat? Ja! Ist der Arbeitnehmer selbst als Betroffener Adressat einer behördlichen Maßnahme, wie z.B. Tätigkeitsverbot oder Quarantäne, kann er einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber haben. In einem solchen Fall kann ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund bestehen, der den Arbeitgeber trotz Wegfalls der Pflicht zur Arbeitsleistung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 616 BGB). Die Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

In Fällen, in denen § 616 BGB durch Einzel- oder Tarifvertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen ist oder aus anderen Gründen nicht greift, besteht in vielen Konstellationen ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch. Personen, die als Ansteckungsverdächtige auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamts isoliert werden und deshalb einen Verdienstausfall erleiden, erhalten eine Entschädigung nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes. Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der siebten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes gewährt. Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber für die Dauer der Isolierung, längstens für sechs Wochen, eine Entschädigung in Höhe des Nettolohns. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet. Nach sechs Wochen zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.

Erkrankte fallen nicht unter diese Entschädigungsregelung, weil diese bereits Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld erhalten.“ Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis, dass sich diese Informationen auf eine angeordnete Quarantäne beziehen.

Mit Ausnahme der in § 56 Absatz 1 Satz 3 IfSG geschilderten Konstellation (Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde) regelt das Gesetz nicht, dass durch die Möglichkeit der Vermeidung der Absonderung (Quarantäne) der Anspruch auf Entschädigung entfallen kann. Es erscheint der Umkehrschluss naheliegend, dass in allen anderen Konstellationen der entsprechende Anspruch trotz (verschuldeter) Verursachung der Absonderung bestehen bleibt.

 

Ist es richtig, dass jemand, der sich während seines Urlaubs aufgrund z.B. Ansteckungsverdachts in Quarantäne begeben musste, keinen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Absatz 1 IfSG hat? Gemessen an den arbeitsrechtlichen Vorgaben stimmt das, weil kein Verdienstausfall eintritt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht davon aus (Urteil vom 09.08.1994 – 9 AZR 384/92), dass die Nichterfüllung des Erholungszwecks eines Urlaubs grundsätzlich zum Risikobereich des Betroffenen gehört. Nur soweit besondere Vorschriften existieren, wie z.B. § 9 BUrlG, geht der Urlaub in diesen Fällen nicht verloren. § 9 BUrlG (keine Anrechnung von Krankheitszeiten auf den Jahresurlaub) wird vom BAG wohl nicht als analogiefähig angesehen. Das würde bedeuten, dass die Quarantäne dem Risiko des Arbeitnehmers zuzuordnen ist: Der Urlaub bleibt bestehen, die Quarantäne führt deswegen nicht zu einem Verdienstausfall. Selbstverständlich muss aber kein Urlaub gerade deshalb genommen werden, um die Quarantänephase zu überbrücken.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Pressestelle

Ausführliche Informationen zu Entschädigungsansprüchen wegen Verdienstausfall sind hier zum Download verfügbar. Informationen zur Antragstellung sind hier abrufbar