„Ungelernter“ Überflieger: „Ich habe mich bewusst gegen eine reguläre Friseurausbildung entschieden.“

FMFM--selber-FM-Besart
Daniel Baldus Photography
Der gelernte Fotograf Besart Musliu hat sich in Eigeninitiative in internationalen Kursen und Seminaren intensiv geschult und gilt heute als einer der vielversprechendsten Quereinsteiger der deutschen Friseurlandschaft.
Daniel Baldus Photography
Der gelernte Fotograf Besart Musliu hat sich in Eigeninitiative in internationalen Kursen und Seminaren intensiv geschult und gilt heute als einer der vielversprechendsten Quereinsteiger der deutschen Friseurlandschaft.

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Derzeit sind sie als mögliche Lösung für den Fachkräftemangel in aller Munde: Quereinsteiger. Besart Musliu ist einer davon. Und zwar ein sehr talentierter und durchaus ambitionierter. FMFM-Autorin Daniela Hamburger hat den gelernten Fotografen gefragt, wie er zum Haareschneiden gekommen ist, was seine Zukunftspläne als formal "Ungelernter" sind und warum der Beruf Friseur für Männer wieder eine Karriereoption zu sein scheint.

Anzeige

Anzeige

Lieber Besart, Du bist eigentlich Fotograf, arbeitest aber als Friseur. Wie kam das und was findest Du so toll an diesem Beruf?

Ich hatte einfach Lust auf Veränderung. Was ich am Friseurberuf liebe, sind die Kreativität, die direkte Arbeit mit Menschen und die Möglichkeit, ihnen mit einer neuen Frisur ein Lächeln zu schenken. Meine Leidenschaft für Fotografie nutze ich weiterhin, um meine Arbeit festzuhalten – sei es durch Fotos oder Videos, die ich mit genauso viel Freude erstelle.

„Friseur: Attraktiver Beruf mit modernen Chancen“

Derzeit sind rund 30 Prozent der Friseurauszubildenden Männer, vor ein paar Jahren waren es noch zehn Prozent. Was denkst Du, was macht den Beruf Friseur derzeit für Männer wieder attraktiv, warum wird er wieder eine Karriereoption?

Meiner Meinung nach ist der Anstieg auf 30 Prozent darauf zurückzuführen, dass der Friseurberuf heute viel mehr Möglichkeiten bietet als früher. Man ist nicht nur Friseur, sondern kann an Shows teilnehmen, Onlinekurse anbieten, Seminare geben und andere inspirieren. Es ist ein Beruf, der kreative und persönliche Weiterentwicklung erlaubt. Eine große Rolle spielt auch Instagram, wo Friseur*innen ihre Arbeit präsentieren, sich mit anderen vernetzen und eine große Reichweite aufbauen können. Diese modernen Chancen machen den Beruf besonders attraktiv – auch für Männer.

Erstklassige Ausbildung in Holland und England

Du hast keinen Gesellenbrief, sondern Dir alle Fähigkeiten selber durch Kurse und Seminare erarbeitet. Wo hast Du Dich ausbilden lassen, welche Seminare hast Du konkret besucht?

Mein erster Kurs fand 2019 in Rotterdam bei Reuzel Barber statt. Dort habe ich Old-School-Haarschnitte wie Pompadour, Quiff, Slickback, Flattop und Graduation gelernt. Die Reuzel-Barbiere arbeiten mit klassischen Techniken, wie „Clipper over Comb“, ohne Aufsteckkämme, und legen großen Wert auf Bartpflege.

Mein zweiter Kurs war ein einjähriger Onlinekurs bei einer Academy aus England. Während dieser Zeit habe ich nebenbei in Teilzeit gearbeitet und vieles an Freunden ausprobiert. Im Kurs gab es viele praktische Aufgaben, wie das Üben an Puppenköpfen. Dort habe ich alles über Formen, das Styling von Fades und grundlegende Techniken gelernt.

Danach wollte ich mich stärker auf Präzision und Kreativität konzentrieren und habe intensiv die Techniken von Sassoon studiert – durch Onlinekurse und Bücher. Außerdem hatte ich das Glück, von großartigen Experten wie JB Mazella, Lucian Busuioc und Pietro Macri zu lernen, die mit ihrer Kreativität und ihrem Können in Damenhaarschnitten eine große Inspiration für mich sind.

Mein wichtigster Kurs war bei der Menspire Academy in England. Dort konnte ich „hands-on“ an Modellen arbeiten und die drei grundlegenden Formen – rund, quadratisch und dreieckig – verstehen. Von Josh Lamonaca habe ich viel über Technik und kreative Ansätze gelernt. Ein paar Monate später hatte ich das Glück, bei einer Show von Josh für Mizutani auf der Messe in Düsseldorf erstmals im Backstage-Bereich zu helfen. Danach bekam ich die Möglichkeit, mit ihm durch ganz Europa zu reisen, von ihm zu lernen und ihn bei verschiedenen Shows und Projekten backstage zu assistieren. Das war eine unglaublich prägende Erfahrung für mich.

Seitdem habe ich mehrfach im Backstage-Bereich bei Shows von JB Mazella, Josh Lamonaca und Lucian Busuioc gearbeitet. Mizutani hat mich schon oft zu Projekten eingeladen, und ich arbeite gerne mit ihnen zusammen. Ihre handgefertigten Scheren aus Japan faszinieren mich, da ich ein großer Fan hochwertiger japanischer Produkte bin.

Was hat Dich an den Kursen so sehr gefesselt, dass Du so gut geworden bist? Du bist ja ein absolut talentierter Haarschneider…

Die Kurse haben mich begeistert, weil sie mir gezeigt haben, wie wichtig Technik, Präzision und das Verständnis von Formen sind. Ich war fasziniert, wie man durch gezielte Schnitte und Übergänge individuelle Looks kreieren kann. Besonders beeindruckt hat mich, wie viel Kreativität in jedem Detail steckt – von klassischen Styles bis hin zu modernen Fades. Jeder Kurs hat mir neue Inspiration und Fähigkeiten gegeben, und das motiviert mich bis heute, mein Handwerk immer weiter zu perfektionieren. Haare schneiden ist für mich nicht nur ein Beruf, sondern echte Leidenschaft.

„Schneller und gezielter als bei regulärer Friseurausbildung“

Und warum hast Du Dich gegen eine reguläre Friseurausbildung entschieden?

Ich habe bewusst einen anderen Weg gewählt, weil ich schneller und gezielter lernen wollte. Ich wusste genau, was ich wollte: von Herrenfriseuren die Kunst perfekter Übergänge und Fades zu lernen und von Stylisten die Techniken, um mit langen Haaren zu arbeiten. Mir war wichtig, eine Kombination aus beiden Welten zu schaffen – etwas, das man in einer klassischen Ausbildung nur selten findet. So konnte ich mein Wissen individuell aufbauen und mich optimal weiterentwickeln.

Du arbeitest derzeit bei Alexander von Trentini. Wie bist Du dazu gekommen und was möchtest Du bei ihm erreichen?

Seit Mai 2023 arbeite ich bei Alexander von Trentini. Ich habe ihn auf einem Hair-Event kennengelernt. Zu dieser Zeit war ich als Assistent von Josh Lamonaca in verschiedenen Ländern Europas unterwegs. Während unseres Gesprächs auf dem Event sprachen wir über die Idee, eine Academy zu gründen, um unser Wissen und Können weiterzugeben.

Alexander hat ein hochprofessionelles Team ausgebildet, das bereit ist, Kurse anzubieten. Seitdem arbeiten wir eng zusammen und reisen gemeinsam zu verschiedenen Events und Fashion Shows. Es ist eine inspirierende Zusammenarbeit, die mich jeden Tag weiterentwickelt.

Parallel startest Du gerade als Akteur für Panasonic durch. Was reizt Dich daran?

Die Herausforderung, parallel zu meiner Hauptkarriere bei einem renommierten Unternehmen wie Panasonic als Akteur tätig zu sein, reizt mich aus mehreren Gründen. Erstens bietet Panasonic mit seiner globalen Ausrichtung und Innovationskraft eine Plattform, die es ermöglicht, an spannenden Projekten mitzuwirken, die Technologie und kreative Inszenierung vereinen.
Zweitens bin ich spezialisiert auf Herrenhaarschnitte, besonders kurze Styles wie Fades und präzise Übergänge. Mit der Panasonic-Haarschneidemaschine erreiche ich saubere Ergebnisse und perfekte Übergänge – sie ist ein unverzichtbares Werkzeug für meinen Alltag.

Berufliches Wissen durch Akademie auch in Deutschland verfügbar machen

Was sind Deine beruflichen Ziele? Wo möchtest Du als Friseur hin? Durch die fehlende Ausbildung bleibt Dir die Möglichkeit, selbst einen Salon zu eröffnen ja verwehrt…

Meine beruflichen Ziele sind es, das Wissen und die Techniken, die ich in den letzten Jahren gelernt habe, auch hier in Deutschland zugänglich zu machen. Ich möchte anderen Friseur*innen die Möglichkeit bieten, sich weiterzubilden, ohne dafür weit reisen zu müssen. Mein Ziel war nie, einen eigenen Salon zu eröffnen, sondern mit anderen eine Akademie aufzubauen, in der wir Wissen teilen und Inspiration geben. Natürlich könnte man mit einem Meister auch einen eigenen Salon eröffnen, aber mein Fokus liegt auf der Weiterbildung und der Weitergabe von Techniken und Kreativität.

Herzlichen Dank, lieber Besart, für das Interview und weiterhin viel Erfolg auf Deinem Weg!