Krass konsequent: Veganer Salon zwischen Gefahrenzulage für Haarfarben & Hafermilch

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Bestimmen, was geht! Im Haarstudio Weinhönig wird klare Kante gezeigt
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Bestimmen, was geht! Im Haarstudio Weinhönig wird klare Kante gezeigt

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Kunde König, Friseur Kaiser: Heutzutage passt sich der Friseur nicht mehr dem Kunden an, sondern der Kunde dem Friseur! Wem das nicht passt, der kann gerne woanders hingehen. Diesen Ansatz fährt Sven Weinhönig, Inhaber von Berlins erstem veganen Friseursalon, dem "Haarstudio Weinhönig", mit gutem Gewissen. Frei nach dem Motto „Was gut für mich ist, kann nicht schlecht für dich sein“ beweist er, dass die eigene Lebensphilosophie als Salonkonzept für ihn am besten funktioniert. Mehr über seine Balance aus Geschäfts- und Lebensphilosophie erzählt er uns im Interview.

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Wie bist Du dazu gekommen, einen veganen Salon aufzumachen?

Es ist meine Philosophie. Ich war mit einer der Ersten, die sich als veganer Friseur aufgestellt haben. Alles fing mit meiner Auszubildenden an, die mir den Anstoß dazu gab. Zwar habe ich schon immer ethisch und ökologisch verantwortliche Produkte genutzt, aber wir haben überlegt, was wir darüber hinaus noch machen könnten. Vor allem, weil wir uns als Veganer die Frage stellten, warum überhaupt tierische Inhaltsstoffe in Shampoo, Farbe und Co. sein müssen und damit das Tierleid unterstützt wird? Es ist echt erschreckend, wie viel davon überall enthalten ist. Als der Switch für uns klar war, hieß es dann erst mal: Laden ausmisten und neu eindecken. Das haben wir natürlich konsequent auch auf die Tools und die Erfrischungsgetränke für die Kunden umgesetzt. Im Laufe der Zeit haben wir die Philosophie auch auf das Genderkonzept ausgeweitet.

Genderkonzept? Macht Du da etwa Unterschiede zwischen Veganern und Veganerinnen?

Nicht mehr. Früher hat man auch in meinem Salon X Euro für Frauenhaarschnitt etc. und Y Euro für einen Männerhaarschnitt gezahlt. Das habe ich abgeschafft. Mir hat die Preisstaffelung nach Mann und Frau noch nie gefallen. Als ich dann mal eine gleichgeschlechtlich orientierte Kundin auf meinem Stuhl zu sitzen hatte, die einen Kurzhaarschnitt haben wollte und mich fragte, warum „Klaus“ dafür weniger bezahlt als sie, fiel bei mir die Klappe. Es war also Zeit, das zu ändern. Schon seit 3 Jahren rechne ich den Haarschnitt nach Zeitaufwand ab.

„Ich will Leute ja nicht umdrehen, sondern sie auf authentische Weise berühren!“

In sich selbst zu investieren, zahlt sich immer aus!

Innovativ bist ja, aber auch tolerant? Wie siehst Du Kunden, die nicht vegan sind?

Ich hab kein Problem damit, Kunden zu bedienen, die nicht die gleiche Einstellung haben wie ich, wenn du das meinst. Dem stehe ich wirklich vollkommen offen gegenüber. Tatsächlich gehört jeder Mensch abgeholt, auch wenn er/sie politisch und ernährungstechnisch anders ticken als ich. Da kommt der ausgebildete Coach in mir zum Vorschein. Ich will Leute ja nicht umdrehen, sondern sie auf authentische Weise berühren, indem ich ihnen meine vegane Lebensweise meistens witzig, aber auf keinen Fall dogmatisch näher bringe. Ich lasse sie einfach Alternativen zu ihren altbekannten Gewohnheiten probieren. Bestes Beispiel: Eine Kunde fragt nach Kuhmilch, die wir nicht anbieten. Ich habe ihm dann Mandel- bzw. Hafermilch zum Probieren angeboten – und er hat dieses “Neuland” mit Freude angenommen. Ohne Zwang, ohne Druck.

„Ich finde, dass dies eine Win-Win Situation für alle ist.“

In sich selbst zu investieren, zahlt sich immer aus!

Ohne Zwang? Aber ist der von Dir angesetzte Gefahrenzuschlag für chemische Farbbehandlungen im Gegensatz zur Pflanzenhaarfarbe nicht doch eine Art von Druck, auf vegan umzustellen?

Nein, eigentlich nicht. Der Gefahrenzuschlag ist ja nicht aufgrund meiner veganen Einstellung eingeführt worden, sondern zu meinem Schutz, dem meiner Kunden und Mitarbeiter. In meiner Ausbildung als Naturfriseur waren 8-10 Teilnehmer leicht bis schwer erkrankt – aufgrund der schädlichen Nebenwirkungen von Inhaltsstoffee in konventionellen Produkten, die Atemwege und Haut reizen. Daher geht ein Teil der Zuschlags in meine eigene Krebsvorsorge. Alles andere wird für gemeinnützige Vereine und Projekte gespendet. Ich finde, dass dies eine Win-Win Situation für alle ist.

„Ich nehme mir da viel Zeit, um alles genau zu prüfen.“

In sich selbst zu investieren, zahlt sich immer aus!

Stichwort “Labellüge”: Was macht deinen Salon vegan außer deiner Einstellung?

Ich achte sehr auf die Zusammensetzung der Produkte, die wir im Laden verwenden – vom Shampoo über Conditioner bishin zu Stylingprodukten. Alles rein vegan! Da muss man sehr aufpassen, denn nicht alle Firmen, die sich vegan bzw. grün und nachhaltig nennen, sind es auch. Zusätzlich tun wir auch was Gutes für die Umwelt, indem wir ein Pfandsystem eingeführt haben. Jeder Kunde, der die Flaschen zur Wiederauffüllung in den Laden zurückbringt, bekommt einen Rabatt. Und auch davon wird ein Teil gespendet. Neben den Produkten gibt es bei uns natürlich auch kein tierisches Material als Stuhlbezug oder etwa Bürsten mit Wildschweinborsten etc. Ich nehme mir da viel Zeit, um alles genau zu prüfen.

Das hört sich nach Mammutaufgabe an, die dich ordentlich Zeit kosten muss. Lohnt sich das überhaupt?

Definitiv. Schließlich geht es ja darum, die Leute zum Nachdenken anzuregen. Sie sollen über den Tellerrand hinausschauen und die eigene Komfortzone verlassen, um Neues kennenzulernen. Ich bekomme mittlerweile auch vielel Anfragen von Neueinsteigern und bestehenden Saloninhabern, die von mir ins Thema eingeführt und gecaocht werden möchten. Ich würde mir eine Welt wünschen, in der wir bewusster mit der Natur, den Menschen und den Tieren umgehen, um mit gutem Gewissen unsere Arbeit als Friseur auszuführen.

 

Wie steht es eigentlich um den Friseur-Beruf? Mehr zum Thema: „Traumberuf Friseur?“