Markus Herrmann: Wir waren noch nie so nah an unseren Mitgliedern dran!

Markus-Herrmann-Wir-waren-noch-nie-so-nah-an-unseren-Mitgliedern-dran-3757-1
Stellt in der Krise die Zeichen auf Zukunft: Markus Herrmann
Foto: Mario Naegler
Stellt in der Krise die Zeichen auf Zukunft: Markus Herrmann

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Wie lässt sich die Corona-Erfahrung in unternehmerischen Erfolg ummünzen? Und kann soziale Distanz tatsächlich Nähe erzeugen? Markus Herrmann, Friseurunternehmer und Präsident der Intercoiffure Deutschland, über das spannende und sprudelnde Schatzkästchen Krise.

Anzeige

Anzeige

Markus, was ist dein erster Impuls, wenn wir über die letzten Wochen und Monate sprechen?

Ich bin derzeit froh und dankbar: Wir sind als eine der wenigen Branchen erstarkt aus der Schließungszeit zurückgekommen! Wenn wir uns beispielsweise die Gastronomie anschauen, gibt es dort immer noch 70% Einbußen und mehr! Ich hatte seit der Öffnung unserer beiden Salons noch niemals so umsatzstarke Wochen wie im Monat nach der Wiedereröffnung. Da überwiegt die Erleichterung.

 

Hast du – neben den erforderlichen Schutz- und Hygienemaßnahmen – auch strukturelle Veränderungen im Salonalltag vorgenommen, die sich für die Zeit „nach“ Corona empfehlen?

Es sind vor allem zwei Dinge, die sich als gutes Novum bewährt haben: Wir hatten vor Corona eine klassische Friseurwoche mit dem üblichen freien Montag. Seit dem Re-Start haben wir sechs Tage pro Woche geöffnet. Das werden wir auf jeden Fall versuchen beizubehalten. Hinzu kommt, dass wir seither in zwei Schicht-Teams arbeiten; derzeit pro Vollzeitkraft mit 32 statt bislang 40 Wochenstunden. Das ermöglicht, dass meine Mitarbeiter deutlich flexiblere Arbeitszeiten haben. So können sie, ohne dass sie Urlaub nehmen, zwischendurch mal drei Tage am Stück frei machen oder vormittags bzw. nachmittags Freizeit haben. Selbst wenn wir bald wieder auf 36 oder 38 Stunden aufstocken, möchte ich gern diese Flexibilität erhalten.

Viele positive Neuerungen

Haben die Veränderungen Auswirkungen auf die Stimmung im Team?

Ja. Ich spüre insgesamt eine sehr hohe Leistungsbereitschaft meiner Mitarbeiter. Das ist toll zu sehen. Wir haben aufgrund der großen Nachfrage nach dem Re-Start unsere Terminvergabe extrem umgestellt. Statt einer Wunschterminierung, die vor allem die Kundenwünsche berücksichtigt, haben wir die Terminierung sehr gestrafft und unsere Termine – wie Albert Bachmann es nennen würde – mehr „verkauft“. Dadurch haben wir eine viel, viel höhere – ja, noch nie dagewesene -Auslastung und höhere Umsätze erreicht – und das bei 20% Kurzarbeit. Obwohl wir derzeit jeden Mittag eine halbe Stunde komplett geschlossen haben, um im Salon eine Grundreinigung durchzuführen, bevor das zweite Schichtteam an den Start geht. Ich muss sagen: Diese Erfahrung war ein intensiver Denkanstoß für mich!

 

Spannende Neuerungen! Wie hast du als Präsident der Intercoiffure Deutschland das Schiff durch die Corona-Zeit gesteuert?

Uns alle hat die Krise kalt erwischt. Aber wir haben unglaublich schnell reagiert und sind aktiv geworden! Während der Schließungszeit haben wir jeden Morgen um 9 Uhr ein ZOOM-Meeting gemacht. Niemand von uns hatte da wirkliche Erfahrungen, aber wir haben es probiert und die Chancen der Digitalisierung genutzt. Es hat wunderbar geklappt und es war ein fantastischer Austausch unter Kollegen. Wir waren noch nie so nah an unseren Mitgliedern dran, hatten noch nie so häufigen und intensiven Kontakt. Wir waren teilweise morgens 90 Unternehmer, die alle um 9 Uhr vor ihrem Computer saßen und sich eng ausgetauscht haben.

In der Gemeinschaft stark

Was denkst du, ist der besondere Benefit für ICD-Mitglieder – vor allem in dieser Zeit?

Dass sie eine Heimat haben! Bei uns finden Einzelkämpfer ein Zuhause. Wir sind eine Gemeinschaft, die Sorgen und Nöte, aber auch Lösungen und Ansätze teilt. Bei unseren morgendlichen Meetings haben alle gespürt, dass wir nicht allein sind, dass es anderen genauso geht. Wir haben unternehmerische Themen wie Kurzarbeitergeld, die rechtliche Situation, den Umgang mit Steuern, nötige Telefon-Kommunikation mit Kunden etc. besprochen. Es gab Webinare von Kollegen, die über den Umgang mit Ängsten sprachen oder das Handling von Gutscheinen, um Liquidität während der Salonschließung zu schaffen. Es war eine einmalige Erfahrung zu sehen, welche Kompetenzen wir im Vorstand und weit darüber hinaus haben. Jeder und jede, die dabei waren, hat erlebt, dass nahezu jedes aufgetauchte Problem schon einmal von irgendjemandem aus dem Kreis der ICD individuell gelöst und diese Lösung jetzt an die Kollegen weitergegeben werden konnte. Wir alle richten den Blick nach vorn und haben einen unschätzbaren Fundus an Know-how!

 

Wie setzt ihr als ICD die Segel in Richtung Zukunft?

Wir haben entdeckt, welche Chancen für uns in der Digitalisierung liegen und möchten sie weiter nutzen. Wir werden sicher die eine oder andere Vorstandssitzung zukünftig via Web abhalten. Auch unsere jüngste Friseur Digital Convention mit Keynote-Speakern wie Tristan Horx und Prof. Dr. Dr. Spitzer war ein echter Erfolg. Daher werden wir in 2020 noch zwei weitere Digital Conventions von jeweils zwei bis drei Stunden Dauer haben. Auch die werden wir öffentlich machen; das heißt, dass auch Nichtmitglieder dabei sein können. Vor allem in diesen recht angespannten Zeiten wollen wir damit unterstreichen, dass die ICD als Gemeinschaft erfolgreicher Salonunternehmer Impulse in die ganze Branche tragen und mit allen Friseuren teilen möchte. Uns ist es wichtig zu zeigen, aus welch unterschiedlichen Persönlichkeiten, Salonkonzepten und Visionären unsere Gemeinschaft besteht. Nicht jedes Mitglied muss in der ersten Reihe oder auf der Bühne stehen. Viele von uns machen unfassbar gute Jobs und kreieren in ihrem jeweiligen Umfeld tolle Marken, ohne dass sie sich durch große Wortmeldungen zu erkennen geben. Diese Facetten der unterschiedlichen Unternehmer möchten wir gern noch mehr nach außen tragen. Die kleinen Signale sind bei uns ebenso wichtig wie die großen.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Markus.