1 Jahr Ausbildung = Vollwertige Stylistin! Wie ist das möglich?

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@gingerlemonhair
Session-Stylist und Saloninhaber Danny van Tuijl sieht eine verkürzte Friseurausbildung als mögliche Lösung für den Fachkräftemangel.
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Session-Stylist und Saloninhaber Danny van Tuijl sieht eine verkürzte Friseurausbildung als mögliche Lösung für den Fachkräftemangel.

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Nachwuchsmangel ist nach wie vor eines der drängendsten Probleme der Branche; Auswege daraus zu finden, die größte Herausforderung. Eine umstrittene, dennoch immer öfter diskutierte Lösung stellt die Verkürzung der Ausbildungszeit dar. So soll die Einstiegsbarriere in den Beruf niedriger werden. Ein Befürworter dieser Möglichkeit ist Danny van Tuijl, viel gebuchter, preisgekrönter Session-Stylist und Mitinhaber des erfolgreichen Wiener Salons „Ginger Lemon Hairspace“. Mit ihm hat FMFM-Autorin Daniela Hamburger über „Quickie“-Ausbildungen in Österreich und Qualitätserhalt gesprochen.

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Lieber Danny, Ihr beschäftigt in Eurem Salon eine Praktikantin, die ihre Ausbildung in nur einem Jahr absolviert hat. Wo hat sie sich ausbilden lassen?

Unsere Praktikantin hat die Ausbildung mit Wifi in Österreich absolviert. Das ist das Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Österreich. Sie sind schon seit mehr als 70 Jahren Partner für Aus- und Weiterbildung und neulich ist diese verkürzte Friseurausbildung dazugekommen.

Wie ist Dein Eindruck: Ist diese Quickie-Ausbildung genau so gut wie eine reguläre oder bleibt damit doch etwas auf der Strecke?

Meiner Meinung nach ist das der Weg nach vorne. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass die dreijährige Ausbildung im Moment gar nicht zeitgemäß ist. Sie ist viel zu sehr in die Länge gezogen und es sind zu viele Aspekte in dieser Ausbildung enthalten, die man im täglichen Salonbetrieb nicht braucht. Dazu kommt natürlich auch, dass die jungen Leute, die heute die Berufsausbildung anfangen, genau die Sachen lernen möchten, die sie in den sozialen Medien sehen. Also das, was im Salonalltag tatsächlich umgesetzt werden kann. Deswegen bleibt für uns durch die verkürzte Ausbildung nicht wirklich etwas auf der Strecke, ich sehe darin eher Vorteile. Aber natürlich muss man als Saloninhaber*in diesen Absolvent*innen auch die Möglichkeit bieten, etwas zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Schließlich soll der Lohn der selbe sein wie bei der längeren Ausbildung.

Du siehst also keine Defizite gegenüber der dreijährigen Ausbildung?

Wie gesagt, die Defizite gibt es bei der normalen Berufsausbildung genau so – und dann sind ja quasi schon drei Jahre verloren gegangen. Nach einem Jahr Zeit kann man am Auffüllen der Defizite sehr gut arbeiten. Aber natürlich ist das auch abhängig von der Einstellung des Praktikanten bzw. der Praktikantin.

Apropos Praktikant*in: Wenn Eure Mitarbeiterin doch bereits ausgebildet ist, warum ist sie noch Praktikantin bei Euch statt als Friseurin fest angestellt zu sein?

Sie braucht dieses Praktikum, um Berufserfahrung zu sammeln und gewisse Sachen aus dem laufenden Betrieb zu lernen. Und es ist sowieso fester Bestandteil der einjährigen Ausbildung. Mitte Februar war ihre Prüfung, die sie erfolgreich bestanden hat. Seitdem haben wir sie selbstverständlich als vollwertige Stylistin in unser Team aufgenommen.

„Eine grundlegende Überarbeitung des Ausbildungssystems ist absolut notwendig“

Plädierst Du dafür, die Friseurausbildung grundsätzlich auf ein Jahr zu verkürzen?

So pauschal möchte ich das nicht sagen, aber lasst uns doch mal in Länder wie England oder die Niederlande schauen. Hier gibt es sehr viele individuell kreierte Privatausbildungen, entweder von Salonbetrieben oder von erfahrenen Friseur*innen. Die dauern alle keine drei Jahre und man legt inhaltlich viel mehr Wert auf Qualität, statt auf irgendwelche Inhalte, die es schon seit den 60er Jahren gibt und die im Moment einfach gar nicht aktuell sind. Also verkürzen sollte man definitiv, aber damit ist es nicht getan. Viel mehr sollte das ganze Ausbildungssystem grundlegend überarbeitet werden, das erachte ich als absolut notwendig.

Mit dem „Ginger Lemon Hairspace“ scheint Ihr wie ein Magnet auf Mitarbeitende und Kund*innen zu wirken – wie erklärst Du Dir das? Wie kommt es, dass Imageprobleme oder Fachkräftemangel kein Problem für Euch darstellen?

Das ist natürlich etwas schwierig zu sagen, da ich das selbst nicht objektiv beurteilen kann. Wir haben eine Nische gefunden, die in ganz Österreich noch niemand besetzt hat, vor allem nicht bis Ende 2018. Wir achten sehr auf Weiter- und Fortbildungen unserer Mitarbeitenden und auch darauf, dass wir an nationalen und internationalen Wettbewerben teilnehmen. Man muss die zahlreichen Facetten, die unser Beruf bietet, auch der Kundschaft etwas näherbringen, aber vor allem den Mitarbeiter*innen. Social Media ist nun mal die Hauptsache, mit der die Leute sich beschäftigen, und es ist unglaublich wichtig, die jungen Menschen auch genau dort abzuholen! Unseren Kund*innen bieten wir im Salon ein besonderes Erlebnis, das kommt gut an. Wir gehen wirklich auf die Kundschaft ein, das ist das Wichtigste im Umgang mit ihnen im Salon.

Lieber Danny, herzlichen Dank für das Interview und Deine Einschätzungen!

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Eine grundlegende Überarbeitung der Friseurausbildung ist notwendig, um neue Perspektiven zu eröffnen, meint Danny van Tuijl.