Was, verdammt, ist der Meistertitel überhaupt noch wert?

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Geht mit den Meister-Kollegen hart ins Gericht: Andreas Sebastian Ehrle
Foto: ASE
Geht mit den Meister-Kollegen hart ins Gericht: Andreas Sebastian Ehrle

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Es war einmal … ein Meisterbrief. Ein Symbol für Verantwortung, Würde und Können. Aber was ist vom einstigen Handwerkerstolz geblieben? Andreas Sebastian Ehrle über verlorene Werte und das eigene Selbstverständnis.

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Viele tragen den Meisterbrief – aber wie viele von ihnen auch wirklich die Verantwortung? Das ehrlose Motto einiger Berufskollegen lautet wohl eher: Titel machen, weiterreichen, kassieren! Damit andere mit dem Zettel ihren Laden öffnen können. Meine Meinung dazu ist klar: Der Meisterbrief ist kein Businessmodell. Er ist ein Versprechen! Wer ihn nicht lebt, soll ihn nicht tragen!

DER MEISTERBRIEF – UND WAS WIR DARAUS MACHEN (ODER NICHT MEHR MACHEN) 

Früher war der Meisterbrief das große Ziel, das Krönchen auf der Laufbahn, die Eintrittskarte in die Selbstständigkeit und der Beweis dafür, dass du nicht nur Handwerk kannst, sondern auch Verantwortung übernehmen willst. Und heute? Heute ist der Meisterbrief für viele nur noch ein notwendiger Wisch, den man braucht, um auf dem Papier einen Salon zu führen, während man sich im echten Leben oft längst rausgezogen hat.

Es ist absurd – aber Realität: Der Titel ist noch da, der Name steht noch an der Wand, doch der

Mensch, der ihn trägt, ist verschwunden. Verschwunden aus dem Alltag, aus der Verantwortung, aus dem Handwerk. Hauptsache: Meister gemacht, verliehen und monatlich absahnen. Legal ist das, ja. Aber auch legitim?

Ist das fair gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die sich jeden Tag im Laden den Rücken krumm schuften, die ihre Leute führen, den Nachwuchs ausbilden und unseren Beruf mit Stolz vertreten? Weit gefehlt! Denn was da läuft, ist zwar kein Verbrechen – aber es ist ein schleichender Verrat an dem, wofür der Meisterbrief eigentlich steht. Und das Problem liegt nicht nur in der Gesetzeslage. Es liegt auch in der Haltung. In unserer Branche. In uns selbst.

STATT STOLZ NUR NOCH STRATEGIE – WER WIR GEWORDEN SIND

Es hat sich vieles verschoben – und zwar gewaltig. Die Pandemie hat uns nicht nur ausgebremst – sie hat uns sichtbar gemacht. Und zwar so sichtbar, dass es schmerzt: als verzichtbar. Als Erste geschlossen, als Letzte wieder geöffnet, wurden wir von der Politik behandelt wie ein Luxusgut, das im Ernstfall einfach gestrichen werden kann. Das Vertrauen hat gelitten – das Selbstverständnis offenbar auch. Zwischen systemrelevant und Tritt in den Arsch…

Während wir um Existenz und Anerkennung kämpfen, überholen uns Influencer mit Föhn oder Pinsel in der Hand auf TikTok und Instagram mit KI-gestützten Tutorials, die mehr Klicks bekommen als echte Leistungen. Und plötzlich wirkt unser Handwerk, als wäre es von gestern. Gut so oder selber schuld?! Kommentare hierzu gerne wie immer im Feed.

Aber das alles ist ein riesengroßer Trugschluss! Denn je künstlicher die Welt da draußen wird, desto wertvoller wird das, was echt ist. Und wir – wir sind das Echte, das Blut in den Adern unseres Handwerks.

WENN DER MEISTERTITEL ZUM SCHWARZMARKT WIRD, HABEN WIR ALLE VERLOREN

Da ist es doch mehr als bitter, dass da mittlerweile Menschen den Meisterbrief machen, nicht, um sich damit selbstständig zu machen, Verantwortung zu übernehmen oder Teams zu führen. Stattdessen wird der Titel wird gegen Geld verliehen. Ein Salon darf sich damit Meisterbetrieb nennen, obwohl der Meister selbst nie anwesend ist – und das Schlimmste: In manchen Fällen sind diese Leute offiziell auch noch arbeitslos gemeldet, kassieren also weiter Geld vom Staat, während sie gleichzeitig still und leise das Meistergeld unterm Tisch einfahren.

Wie bitte? In Deutschland? In einem Land, das für seine Regularien, seine Pünktlichkeit und sein

Pflichtbewusstsein bekannt ist? Oder haben wir uns da schon lange verloren? Welchen Wert hat denn unser Oldschool-Image, für das wir immer standen, noch? Wie kann so was überhaupt passieren? Wer prüft das und schaut da hin? Einen Salon zu führen mit nur Meister auf dem Papier? Die Antwort lautet: Niemand. Oder zumindest niemand richtig.

Ich selbst wollte vor ein paar Jahren einen zweiten Salon machen und war daraufhin zum Vorsprechen bei der Handwerkskammer. Mit dem Ergebnis, dass ich einen zweiten Meister für den neuen Salon einstellen sollte. Das, obwohl der Salon nur 1,5 km Luftlinie entfernt war?! Aussage damals: Der eine kommt und fragt, der andere macht einfach… So wurde ich also weggeschickt. Dass ich mich damals schon zwanzig Jahre als Unternehmer bewiesen hatte – egal?! Was hier all in passiert, ist nichts weniger als ein Missbrauch unseres Systems. Es ist nicht nur rechtlich ein Problem – es ist aus meiner Sicht auch moralisch eine Bankrotterklärung.

Denn wenn der Meistertitel zur Schattenwährung wird, zur Cash-Maschine für Menschen ohne

Verantwortung, dann verlieren wir als Branche mehr als nur Respekt – dann verlieren wir unsere

Identität.

WO BLEIBT DER STAAT?

Wo ist eigentlich die Politik, wenn eine Branche sich selbst entwertet? Und zwar so, dass sie sogar wegbrechen könnte? In Deutschland ist der Meisterbrief nach § 1 HwO Pflicht, um ein zulassungspflichtiges Handwerk wie den Friseurbetrieb zu führen – und dennoch passieren klare Rechtsbrüche unter dem Radar. Wer den Titel illegal verwendet, riskiert Ordnungsgeld bis 5.000 Euro. 5.000 Euro? Hallo, ist das als Strafe ernst gemeint? Das ist ein Witz. Ein verdammt schlechter dazu!

Wieso dürfen bodenständige Meisterbetriebe, die ihre Salons mit Herz und Rückgrat führen, unter

bürokratischem Druck kaum atmen – während andere ungehindert ihre Scheintitel vermieten und

wortwörtlich abkassieren? Ist das fair? Ist das normal? Nein. Es ist ein Affront an jeden, der echte

Verantwortung übernimmt.

Der Staat schaut zu (und lässt zu!), dass falsche Versprechen und leere Titel die echte

Handwerksleistung ersaufen. Wenn das nicht schleunigst geprüft und gestoppt wird, dann verlieren wir mehr als nur unsere Grundwerte. Dann verlieren wir unsere Branche.

ABSCHLUSS: WO STEHEN WIR EIGENTLICH?

Am Ende meiner Ansage muss eine unbequeme Frage stehen.Nicht an die Politik. Nicht an die Kammern. Nicht mal nur an die, die ihren Titel verhökern. Sondern an uns alle. Wo stehen wir in diesem Land – als Handwerker, als Unternehmer, als Menschen mit Verantwortung? Wo stehen wir in unserem Handwerk – einem Beruf, der einst für Würde, Können und Respekt stand? Sollen und können wir so ein Vorbild für die Young*Stars sein? Und wo – verdammt nochmal – wollen wir eigentlich hin?

Wer jetzt weiter zuschaut, wer weiter schweigt, wer sich weiter duckt und nur hofft, dass

irgendwer das schon regelt, der macht sich mitverantwortlich für den Zustand, in dem wir gerade sind. Wenn sich nichts ändert, dann wird unsere Branche nicht schrumpfen. Sie wird implodieren.

Nicht mit einem Knall. Sondern leise, schleichend, still. Ein Tod, der für viele erst spürbar ist, wenn der Sargnagel in den Deckel geschlagen ist.

Dann werden in ein paar Jahren nicht nur Meisterbriefe fehlen – sondern echte Vorbilder, echte

Führung, echte Substanz.

Friseur war nie irgendein Job.

Friseur war immer Haltung, Nähe, Kultur, Stolz und Leidenschaft!

Meine Frage ist: Haben wir genug davon übrig, um den Kurs nochmal zu drehen?  Oder wars das?

Euer Andreas Sebastian Ehrle aka ASEROCKSTAR – für alle, die mit Schere, Haltung und Herz

arbeiten.

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