Achtsam statt Akkord – Generationenwechsel mit neuer Perspektive

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Nadine Grünwald hat den Salon "Kopfarbeit - Der Friseur" von ihrem Vater übernommen und ihn in ihr "Soul House" verwandelt.
Soul House
Nadine Grünwald hat den Salon "Kopfarbeit - Der Friseur" von ihrem Vater übernommen und ihn in ihr "Soul House" verwandelt.

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Seine Fußstapfen sind tief! Als Nadine Grünwald den Salon ihres Vaters Frank Richter übernimmt, legt sie einen Konzeptwechsel hin, der sich gewaschen hat! Während Frank als „alter Branchenhase“, Friseurunternehmer, Filialist, Wettbewerbsfriseur und Trainer beruflich auf Maxi-Turbo fuhr, schaltet die Tochter beim Tempo bewusst mehr als nur einen Gang zurück. Und das mit großem Erfolg. Wie Nadine ihre Seelenvision zum Salonkonzept "Soul House" formte und was ihr Vater Frank über die geschäftliche Rolle rückwärts denkt? Lest es hier im Interview.

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Lieber Frank, Du bist in der Friseurbranche alles andere als ein Unbekannter. Kannst Du uns die wichtigsten Stationen Deiner Karriere nochmal kurz umreißen?

Frank: Ich war in meiner Familie Friseur in dritter Generation und verbrachte meine Gesellenjahre u. a. bei dem damaligen Friseurweltmeister im Damenfach, Benno Ackerschott, in Halver, und beim Trainer des Friseurweltmeisterteams im Herrenfach, Bernd Klever, in Düsseldorf. Ich selber war Landesmeister NRW im Herrenfach und machte mich nach der Meisterschule mit nur 22 Jahren selbstständig. Als jüngster Friseurmeister Deutschlands habe ich die Friseurinnung Wuppertal als Obermeister neu aufgebaut und den Titel „Innung des Jahres“ bei der „Top Hair“ eingefahren. Das wiederum machte den Friseurlandesverband Nordrhein auf mich aufmerksam und ich bekleidete hier das Amt des Wirtschaftsvorsitzenden. Im Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks war ich Mitglied im Wirtschaftsausschuss. 

Auf der Industrieseite war ich für Goldwell über Jahre als Trainer und Bühnenartist tätig. Bei Goldwell war ich zudem aktiv als Gründungsmitglied des „Business – Club“ tätig. Ich habe mich stets höchster Qualität verpflichtet gefühlt und ehrenamtlich dafür gearbeitet, dem Friseurberuf ein besseres Image zu verleihen.

Liebe Nadine, erzähl mal – wie war es, Tochter eines solchen Branchenstars zu sein? Wolltest Du schon immer in seine Fußstapfen treten?

Nadine: Ich bin im Salon meines Vaters groß geworden. Ich war oft mit im Salon, habe meiner Puppe die Haare gemacht oder die Haare zusammengefegt. Ich bin schon früh mit zu den Messen gefahren und in der 9. Klasse stand fest, dass ich mein Praktikum beim Friseur machen wollte. Mein Vater rief seinen Kollegen Michael Bredtmann an und bat ihn um einen Praktikumsplatz für mich. Mit den Worten, er solle es mir möglichst unattraktiv machen, denn ich müsse nicht unbedingt in vierter Generation Friseurin werden.

Mein Wunsch festigte sich dennoch und ich bin nach der Schule direkt für sechs Monate zur Ausbildung in die Friseurschule Harder gegangen. Danach war ich drei Monate lang bei Markus Salm in Bonn. Allerdings stand für mich da schon fest, dass ich nicht viel für das Herrenfach übrig habe. Schließlich habe ich meine Ausbildung im Salon meines Vaters beendet. 

War es denn Dein Plan, im väterlichen Salon zu bleiben?

Nadine: Die Idee war zwar, dass ich danach nochmal woanders arbeite, doch als wir den Salon in Wuppertal verkauft und den neuen Salon „Kopfarbeit – Der Friseur“ in Haan eröffnet haben, fühlte ich mich so wohl mit unserem Team und unseren Kundinnen, dass ich geblieben bin.

Vater hatte keinerlei Erwartungen an die Tochter – den Salon sogar schon zum Verkauf ausgeschrieben

Dann war es immer klar für Dich, dass Du den Salon übernehmen wirst?

Nadine: Nein, für mich hätte es bis zu meiner Rente weitergehen können wie gehabt. Mein Vater entschied, trug die Verantwortung und ich konnte das tun was ich liebte: Haare machen. Doch als mein Vater mir eröffnete, dass er in einem Jahr in den Ruhestand gehen würde, brach bei mir Panik aus.

Er sagte mir, dass er keinerlei Erwartungen an mich habe und dass er den Salon bereits zum Verkauf ausgeschrieben habe.

Für mich habe er ein Seminar in Konstanz bei Schwarz&Schwarz gebucht: „Soul Vision“. Er hatte das Seminar bereits selber vor Jahren besucht, und er wünschte mir, den für mich richtigen Weg zu finden: Egal, ob ich Hausfrau und Mutter sein, bei einer Firma wie Goldwell anfangen wollte – oder was auch immer.

Doch nach dem Seminar war mir klar: Ich liebe es, Haare zu machen! Viel Verantwortung, ein großes Team und Azubis wollte ich aber nicht. Also ganz anders als mein Vater. Er hatte immer zwei bis drei Azubis, außerdem meist drei Vollzeit- und ein bis zwei Teilzeitkräfte. Meine Mama hat die Rezeption geschmissen.

Frank, Du warst überhaupt sehr eifrig, was Dein Friseurgeschäft anging. Du hattest Dir als erfolgreicher Wettbewerbsfriseur einen Namen gemacht und entsprechend geführt: Ihr habt Dienstleistungen auf einem hohen Niveau geboten, mit Friseur*innen aus eigener Schule und mit hauseigenen Techniken. Damit hast Du Dir schon sehr früh Alleinstellungsmerkmale kreiert und ein sehr auf Effizienz ausgerichtetes Salonkonzept verfolgt, richtig?

Frank: Ja und in der Selbständigkeit habe ich schnell filialisiert und dafür jeweils Geschäftsführer aus eigenem „Bestand“ eingesetzt. Das war mein Erfolgsgeheimnis, um Mitarbeiter zu fördern und auch zu halten. Da diese jeweils einen Vertrag zur Möglichkeit einer späteren Übernahme des Geschäfts hatten, ließen sie sich auch nicht abwerben (was ja in den 80er Jahren in Top-Salons ansonsten üblich war). Drei meiner Salons sind so nach vier bis sechs Jahren von meinen jeweiligen „Partnern“ übernommen worden.

„Beste Entscheidung“: Teilzeitkraft fürs Office einzustellen

Klingt busy und nicht nach „nur Haare machen“. Nadine, dann war das Salonkonzept Deines Vaters eigentlich gar nichts für Dich?

Nadine: Richtig. Meine Idee war: Ich wollte einen kleinen, ca. 50 qm großen Salon für mich alleine. Also suchten wir nach der passenden Immobilie, und ich schrieb an meinem Business-Konzept.

Klar war: Ich wollte Zeit haben für meine Kundin. Ich wollte, dass in meinem Salon eine entspannte und ruhige Atmosphäre herrscht, wo ich nicht gestresst bin und meine Kundin ihre Me-Time genießen und entspannen kann.

Doch nach sechs Monaten Suche nach einem passenden Ladenlokal drängte die Zeit, und es stellte sich langsam raus, dass ich mit 50 qm nicht hinkam, wenn ich ein Büro, eine schöne Warteecke und Massageliegen wollte.

Mein Vater bot mir also darauf hin an, sein gemietetes Ladenlokal zu übernehmen und einfach alles raus zu reißen, was drin ist. So sei gesichert, dass wir einen fairen und ehrlichen Vermieter hätten und die Lage top sei. Es fiel ihm nicht mal schwer, seine teuren Porsche Design Möbel rauszureißen. Zumindest hat er mir nie das Gefühl gegeben.

So hatte ich also einen komplett entkernten Salon und konnte mit der Firma Idea meinen Salon neu planen. Mit neuer Inneneinrichtung, neuem Konzept und neuem Namen bin ich dann Anfang 2023 gestartet: „Soul House“ war geboren.

Und was hast Du geändert?

Nadine: Im Salon von meinem Vater hatten wir insgesamt elf Bedienplätze. Ich habe meinen Salon auf fünf Plätze reduziert und auch die Zahl der Mitarbeitenden gekürzt. Ich habe mit einer Meisterin in Vollzeit gestartet – Celina, die bereits bei meinem Vater die Ausbildung gemacht und so unsere Techniken von der Pike auf gelernt hat. Dann ist mir noch meine Teilzeitkraft Pati „zugeflogen“. Und vor einem Jahr habe ich Sonja eingestellt. Sie arbeitet vormittags und kümmert sich um Social Media, Bestellungen, Inventur, Rechnungen, Einkauf und nimmt mir einfach die Dinge ab, auf die ich keine Lust habe. Das war die beste Entscheidung überhaupt.

Vom Kopf zur Seele

Also von der „Kopfarbeit“ zum „Soul House“ – vom Kopf zur Seele. Dein Konzept sieht komplett anders aus als das Deines Vaters. Wie würdest Du Deine Philosophie beschreiben?

Nadine: Mir war vorrangig wichtig, eine absolute Entspannungs- und Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Es läuft ausschließlich ruhige Entspannungsmusik, und wir bedienen immer eine Kundin nach der anderen. Parallele Arbeiten, wie mal eben noch einen Haarschnitt zwischendurch, während die Farbe bei der anderen Kundin einwirkt, gibt es bei mir nicht. Mein Fokus liegt ganz klar auf einer professionellen Beratung und gesundem Haar.

Im „Soul House“ laden wir unsere Gäste zum Loslassen und Entspannen ein. Unser Motto: Nur gesunde Haare sind schöne Haare und nur auf einer gesunden Kopfhaut wachsen gesunde Haare. Alles, was wir tun, unterliegt diesen Grundsätzen. Was nicht kaputt gemacht wird, muss anschließend nicht teuer repariert werden. Wir beraten nicht nur, wir hören aufmerksam zu und gehen auf die speziellen Bedürfnisse ein, um gemeinsam ein Konzept zur Umsetzung der persönlichen Haarwünsche zu erarbeiten.

Und wie bist Du auf den Namen gekommen?

Nadine: Der Name „Soul House“ entstand zum einen durch das Seminar, zu dem mich mein Vater damals angemeldet hatte: „Soul Vision“. Dort habe ich angefangen, Bilder auf mein Vision Board zu kleben. Ich stellte mir vor, wie mein Salon aussehen soll. Aber noch wichtiger war mir, wie ich mich dort fühlen will. Wie sich meine Mitarbeitenden und Kundinnen fühlen sollen.

Es ging mir darum, einen Ort zu schaffen, an den sich Menschen gern begeben und wo sie sich wohlfühlen. Sie sollen ein Gefühl von loslassen und entspannen empfinden. Von Vertrauen und guter Energie, von Menschlichkeit und Wohlwollen.

Ziel: Mit Wunschkundinnen ausgebucht sein

Worauf kommt es Dir sonst noch an – zum Beispiel bei der Mitarbeiterführung?

Nadine: Ein zentraler Bestandteil meiner Vision ist es, die individuellen Stärken meiner Mitarbeiterinnen zu erkennen und gezielt zu fördern. Jeder Mensch bringt einzigartige Talente mit, und ich glaube fest daran, dass wahre Qualität dann entsteht, wenn man genau diese Talente entfalten darf. Gemeinsam werden wir immer besser in dem, was wir lieben – und distanzieren uns bewusst von Dienstleistungen, die nicht zu uns passen oder uns keine Freude bereiten. Denn Leidenschaft spürt man. Und unsere Kundinnen spüren sie sofort. 

So habe ich meiner Mitarbeiterin Pati dieses Jahr eine Schulung bei Mona Haase und anschliessend bei Mc Lean CurlSys ermöglicht. Celinas Wunsch war es, Extensions anzubieten, um Kundinnen mit feinem Haar noch besser helfen zu können und sie glücklich zu machen. Damit starten wir 2026.

Auch Work-Life-Balance ist uns wichtig: Wir arbeiten nur jeden zweiten Samstag – sodass wir immer abwechselnd in einer 4- und dann in einer 5-Tage-Woche arbeiten.

Du hast vorhin gesagt, dass Du nicht viel mit dem Herrenfach anfangen kannst. Ist das immer noch so?

Nadine: Ja. Wir sind auf Haarfarben im Bereich Strähnen und Balayage spezialisiert. Außerdem sind Locken neu hinzugekommen. Deswegen habe ich mich im September dazu entschieden, keine neuen Herrenkunden und keine Kurzhaarfrisuren mehr aufzunehmen. Aber wir machen auch keine Brautfrisuren, kein Make-up und bieten auch keine Waschen-Föhnen-Termine an. Unser Ziel ist es, ausschließlich mit unseren Wunschkundinnen ausgebucht zu sein.

Mut zur Neuausrichtung liegt in der Familie

Okay, also eine deutliche Abkehr von der Arbeitsweise Deines Vaters. Wie beurteilst Du denn Nadines Neuausrichtung, Frank? Ist das „typisch Millennial“ oder kannst Du das nachvollziehen?

Frank: Ich kann das absolut nachvollziehen. Ich selber habe mich mit 27 Jahren vorübergehend vom Stuhl zurückgezogen, um für zwölf Monate vier Salons zu coachen. Nach einem Jahr Pause habe ich für mich die 4-Tage-Woche am Stuhl eingeführt und dies bis zum Ende meiner Selbständigkeit so beibehalten. 

Und auch ich kenne es, das Konzept komplett zu ändern. 2005 habe ich mein Stammgeschäft in Wuppertal verkauft und bin in Haan mit neuem Konzept nochmal ganz neu gestartet. 2008 konnte ich mit „Kopfarbeit – der Friseur“ dann den 3. Platz beim Titel „Salon des Jahres“ auf der „Top Hair“ einfahren, was den Aufschwung dann nochmals beschleunigte.

Was machst Du jetzt, Frank? Schwer zu glauben, dass Du der Branche ganz den Rücken gekehrt hast …

Frank: Doch, das habe ich. Mit dem 30. Dezember 2022 habe ich „Kopfarbeit – der Friseur“ geschlossen, um mich bewusst in die Freiheit zu entlassen und das Leben zu genießen und zu schauen was es noch zu bieten hat.

Meine Hobby’s sind das Motorradfahren, der Golfsport und das Reisen in ferne Länder, wobei ich den Winter seither gerne in Andalusien verbringe. Jetzt gerade übrigens auch.

Und was sagst Du zum Konzept Deiner Tochter?

Frank: Nadine ist die 4. Generation im Friseurhandwerk in unserer Familie geworden und sehr erfolgreich. Ich bin unfassbar stolz auf sie. Was sie in drei Jahren mit dem „Soul House“ erreicht und umgesetzt hat, hätte auch ich als alter Branchenhase nicht für möglich gehalten! Aus meiner Sicht hat sie das Friseurerlebnis auf eine höhere Stufe und in eine neue Richtung gelenkt, was von der Kundschaft anerkannt und honoriert wird.„Philosophie“ und „absolute Konsequenz“ sind eben noch immer DIE Stichworte, um im Friseurhandwerk Überdimensionales zu erreichen.

Führung mit Intuition und Herz

Nadine, willst Du denn Überdimensionales erreichen?

Nadine: Überdimensional ist gut, denn als Friseurin mit eigenem Salon erinnere ich mich immer wieder bewusst daran, groß zu denken. Nicht aus Ego, sondern aus Liebe zu meinem Beruf, zu meinem Team und zu den Menschen, die uns ihr Vertrauen schenken. Mein Salon ist für mich mehr als ein Arbeitsplatz – er ist ein Raum für Entwicklung, Wertschätzung und echtes Wohlbefinden.

Ich möchte meinen Salon so führen, dass Intuition und Herz eine größere Rolle spielen als reiner Verstand. Natürlich braucht es Struktur und Planung, doch die mutigsten und besten Entscheidungen treffe ich dann, wenn ich mir selbst vertraue. Ich erlaube mir, Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie sich ungewohnt anfühlen – weil Wachstum genau dort beginnt.

Mut bedeutet für mich, neue Wege zu gehen, klare Grenzen zu setzen und dennoch offen zu bleiben. Es bedeutet, mir selbst treu zu bleiben und meine Werte nicht zu kompromittieren. Meine Kundinnen stehen dabei immer im Mittelpunkt. Es ist mir ein tiefes Anliegen, sie nicht nur „schön zu machen“, sondern sie zu verwöhnen – auf allen Ebenen. 

Was sind Deine Ziele?

Nadine: Ich möchte das Wellness-Gefühl in meinem Salon noch weiter ausbauen: durch wohltuende Head-Spa-Massagen, liebevoll ausgewählte, leckere Getränke und durch eine Atmosphäre, in der man loslassen kann. Ein Besuch bei uns soll sich anfühlen wie eine kleine Auszeit vom Alltag.

Mein Ziel ist es, einen Salon zu führen, in dem sich alle wohlfühlen: mein Team, meine Kundinnen und auch ich selbst. Einen Ort, an dem Qualität, Achtsamkeit, Mut und Herz Hand in Hand gehen. Denn wenn wir groß denken, mit dem Herzen handeln und unserer Intuition vertrauen, entsteht etwas ganz Besonderes.