Balayage – Wunsch und Wirklichkeit

Wir haben den Balayage-Experten Ramin Dell gefragt, für welchen Typ Salonkundin diese Technik geeignet ist, was geht und was nicht, wie eine Balayage kalkuliert werden muss und womit man sie nicht verwechseln darf.

Ramin, der gemeine Fachmedien-Nerd hat herausgefunden, dass der Begriff „Balayage“ aus dem Französischen stammt und schlicht und einfach „fegen“ bedeutet. Wie verklickerst du als Experte einem Laien am kürzesten und knackigsten, was eine Balayage-Technik ist? Ramin Dell: Eine klassische Balayage ist ganz klar definiert. Bei dieser Technik bleibt ein Drittel der Gesamtlänge dunkel und zwei Drittel werden hell. Das wichtigste bei einer Balayage ist der saubere Farbverlauf vom dunklen Oberkopf bis hin zu den hellen Spitzen.

Aktuell gibt die Frauenzeitschrift INSTYLE ihren Leserinnen Tipps und Anleitungen, wie man zuhause selbst eine Balayage machen kann, und das für nur schlappe 20 Euro. Was hast du dagegen zu halten? 

R.D.: Erstmal möchte ich mich herzlich bei INSTYLE bedanken für diesen schwachsinnigen Beitrag, denn die Kundinnen, die das tatsächlich zuhause ausprobieren, werden uns anschließend die Bude einrennen, um das Home-Malheur mit einer Color-Correction wieder auszubügeln. Ist doch schön, wenn wir dadurch neue Farbkundinnen gewinnen! Balayage ist eine hochsensible Technik, die viel Know how, Kreativität und Fingerspitzengefühl erfordert. Das muss der Friseur in intensiven Seminaren erlernen. Und by the way, mit 20 Euro Selfmade-Invest kommt die Kundin hinten und vorne nicht klar. Allein die Produkte, die INSTYLE, hier aufzählt, übersteigen den Betrag um ein Vielfaches. 

Wie erklärst du dir den Balayage-Hype und wer hat den ausgelöst? R.D.: Diese wundervolle Technik, um einen sonnengeküssten Look zu kreieren, stammt bereits aus dem Paris der 70er Jahre. Ich selbst bin zum ersten Mal im Jahr 2004 mit dem Thema Balayage und Freihandtechniken in Kontakt gekommen. Im deutschsprachigen Raum konnten sich damals die Freihandtechniken aber nicht durchsetzen. Italienische Frauen waren da wesentlich offener. Aber in Deutschland bestanden Salonkundinnen weiterhin auf ihre Foliensträhnen. In den USA jedoch wurde die Technik zum Kassenschlager. Plötzlich hatten alle Celebritys Farbverläufe im Haar. Mit dem wachsenden Einfluss der Social Media kam der Trend dann  2014 über den Teich zurückgeschwappt.  

Balayage ist für mich übrigens kein Hype. Denn der versickert genauso wie ein Trend erfahrungsgemäß innerhalb von 6 Jahren. Einige Kollegen haben die Balayage auch deshalb spätestens für Ende 2020 totgesagt. Balayage ist aber mittlerweile zu einem festen Bestandteil unseres Repertoires geworden. Die Kundinnen lieben den lockeren entspannten Look, der aussagt: „Ich habe heute nichts mit meinen Haaren gemacht. Ich sehe einfach so gut aus“ und natürlich die Langlebigkeit des Ergebnisses.  

Balayage, nicht zu verwechseln mit…

Vier Farbtechniken, die man leicht verwechseln kann: v.l.n.r.: Weave, Foilyage, Color Melt, Balayage ©Ramin Dell

Mit welchen anderen Techniken wird die Balayage am häufigsten verwechselt und was sind die Unterschiede? R.D.: Sehr häufig werden Color Melts, Weaves und Foilyages mit Balayage verwechselt. Leider werden von den Medien nahezu alle Strähnentechniken unter dem Überbegriff Balayage zusammengefasst, was natürlich für sehr viel Verwirrung unter den Endverbraucherinnen sorgt. Unsere Aufgabe ist es dann, in einem ausführlichen Beratungsgespräch herauszufinden, was die Kundin tatsächlich möchte.

Wem steht eine Balayage? R.D.: Grundsätzlich kann jede Frau eine Balayage tragen und ich behaupte, dass sie damit sogar besser aussehen wird. Denn es ist erwiesen, dass unser Gehirn in erster Linie 1:3 bzw. 2:3 Verhältnisse als „schön“ empfindet. Ich erinnere hier an den goldenen Schnitt und die Zahl Phi und ihre Bedeutung in Kunst, Design und Ästhetik. Und es gibt keine andere Technik, mit der ich das Gesicht besser in die optimale ovale Form bringen kann. Lasst euer Contouring-Wissen in eure Auswahl der hellen und dunklen Partien um das Gesicht einfließen! Eure Kundinnen werden begeistert sein.

Wie kommt es, dass viele Salonkundinnen mit dem Balayage-Ergebnis nicht zufrieden sind? R.D.: Sie ist nicht umsonst eine der teuersten Dienstleistungen, die wir im Salon anbieten. Man kann so viel dabei falsch machen. Und nur die perfekte Ausführung führt zu einem perfekten Ergebnis.

Eine Balayage muss mindestens 240 Euro kosten!

Wie lässt sich das vermeiden? R.D.: Eine solide Fortbildung zum Thema Balayage und dann üben, üben, üben.

Was rätst du Friseuren, die nach dem richtigen Balayage-Seminar suchen? R.D.: Geht zu verschiedenen Seminaren! Nur ein Seminar wird euch nicht das nötige Wissen vermitteln. Wenn ein solider Wissensstand erreicht ist, schaut euch auf YouTube, Insta und Facebook Videos zu diesem Thema an. Pickt euch überall das beste raus und entwickelt euren eigenen Stil. Ich war bei unzähligen Seminaren und lerne immer noch täglich dazu.

Viele Salonkundinnen zeigen sich geschockt vom Preis der Balayage. Warum ist diese Farbdienstleistung so wesentlich teurer als andere Techniken und wie muss der Friseur hier kalkulieren? R.D.: Eine gute Farbe braucht Zeit und eine Balayage ist in der Regel (wenn man haarschonend vorgeht), mit Schnitt und Styling nicht unter 4 stunden zu erarbeiten. Wir haben in unzähligen Kalkulationen errechnet, dass der Friseur mindestens einen Stundenverrechnungssatz von 60 Euro berechnen muss, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Daher ist ein Mindestpreis von 240 Euro für eine gute Arbeit mehr als gerechtfertigt.