Fallende Hinzuverdienstgrenze: Sollen jetzt (Friseur-)Rentner die Branche retten?!

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Fällt die Hinzuverdienstgrenze für Reiter*innen, könnte das eine Chance für Salons sein
Fällt die Hinzuverdienstgrenze für Reiter*innen, könnte das eine Chance für Salons sein

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Sollen es jetzt etwa die „Alten“ richten? Ab 2023 fällt voraussichtlich die Hinzuverdienstgrenze für Rentner*innen. Im Friseurhandwerk herrscht Mitarbeiterflaute. Da liegt doch der Gedanke nah, ältere Fachkräfte in den Salons zu reaktivieren. Oder etwa nicht? Peter Gress, Strategieberater und Friseurunternehmer über Chancen und Grenzen der anstehenden Gesetzesänderung.

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Grundsätzlich finde ich die Idee richtig, Rentnerinnen und Rentner länger im Beruf zu halten: Auf der einen Seite fehlen Fachkräfte, auf der anderen liegt viel Expertise aus langen Arbeitsjahren brach. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass körperlich und geistig fitte ältere Menschen gerne noch ein paar Stunden in ihrem Beruf arbeiten würden. Wer den zwischenmenschlichen Austausch jahrzehntelang gewöhnt war, freut sich sicher darüber, weiterhin Teil einer Gemeinschaft und eines Teams zu sein. Wir suchen beispielsweise für unser Perücken Kompetenzzentrum schon länger lebenserfahrene Fachkräfte, die eine hohe soziale Kompetenz haben. Warum da also nicht gezielt verrentete Friseur*innen ansprechen? Ähnliches kann ich mir für den Salon vorstellen. Wir sind mit unserem Betrieb seit 62 Jahren am Markt. Entsprechend viele ältere Kunden haben wir noch als Stammkunden, auch wenn der prozentuelle Anteil jüngerer Jahrgänge stetig zunimmt. Einige der älteren Kund*innen mögen den Umgang mit jungen Mitarbeitern, andere wiederum würden sich lieber von altersnahen Fachkräften bedienen lassen.

Wo passen ältere Mitarbeiter*innen rein?

Voraussetzung für eine Einstellung einer berenteten und damit betagteren Fachkraft ist selbstverständlich – wie eigentlich immer – eine hohe fachliche Expertise. Im Premiumbereich ist der Grad der Leistungsakzeptanz sehr schmal, denn schließlich erwarten Kund*innen eine hohe Leistung für ihr Geld. Völlig unabhängig vom Alter der Fachkraft. Für Salons mit durchschnittlich älteren Kunden kann ich mir diese Fachkräfte sehr gut vorstellen. Schwierig wird eine Beschäftigung berenteter Fachkräfte in Teams junger Gründer und Gründerinnen. Viele haben sich spezialisiert und sprechen eine klar abgegrenzte Zielgruppe an, die – es wird sicher Ausnahmen geben – von älteren Fachkräften nicht bedient werden können. Die Lebenswelten der Generationen unterscheiden sich sehr stark und es könnte Probleme mit dem gegenseitigen Verständnis geben. Chancen für berentete Fachkräfte sehe ich also eher in Salons mit höherem Altersdurchschnitt.

Bewusster & gezielter Einsatz

Wobei auch da der Einzelfall zu sehen ist: Wenn ich meine jungen Teammitglieder und deren Gäste anschaue, passen reifere Semester dort eher nicht rein. Ich könnte mir die älteren Mitarbeiter*innen allerdings als Wohlfühlmanager*innen oder als Teilzeitrezeptionist*innen vorstellen: ihre Werte könnten bei jungen Menschen gut ankommen. Dies wäre ein interessanter Gegenpart und es gäbe einen schönen Anstoß für interessante Gespräche mit den Jungen. Wir hatten im Salon zwei Jahre lang montags eine Rentnerin an der Rezeption und das hat sehr gut funktioniert. Einen weiteren Vorteil, den ich bei älteren Fachkräften sehe, ist die Spezialisierung auf Dienstleistungen, für die sich junge Leute nicht so stark interessieren. Dauerwelle, klassische Hochsteckfrisuren und Brautfrisuren sind handwerkliche Leistungen, die gerade ältere Mitarbeiter*innen noch von der Pike auf gelernt und umgesetzt haben. Da habe ich schon die tollsten Überraschungen überlebt. Denn wer in seiner aktiven Zeit mit Inbrunst hochgesteckt hat, verliert diese Fähigkeiten nicht.

Für mich als Entscheider käme im ersten Schritt genau diese Frage auf den Tisch: Was kann die ältere Fachkraft sehr gut? Wenn es da ein Match zum Unternehmenskonzept gibt oder durch sie oder ihn vielleicht sogar ein neues Dienstleistungsangebot des Salons möglich ist, wäre eine Einstellung denkbar. Es kann sogar durchaus sein, dass die ältere Fachkraft noch Kunden in den Salon mitbringt, denn jahrelanges Zusammenarbeiten mit Kund*innen ist sozialer Kitt, der sehr gut klebt. Wichtig ist also vor allem eines: für sich als Friseurunternehmer*in zu formulieren, was man mit einer berenteten Fachkraft erreichen will – beziehungsweise wegen der Zeiteinschränkungen überhaupt erreichen kann. Ist der Benefit klar umrissen, sehe ich gute Möglichkeiten, dass ein/e ältere/r Friseur*in das Team sinnvoll ergänzen kann.

 

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