„Wagt es, Geschäfte zu übernehmen! Es macht einen wirklich stolz“

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Jörg Riethausen
Lara Schubert hat von ihrer Großmutter das traditionsreiche Unternehmen "Haarpflegehaus Schubert" übernommen. Nicht nur durch die Renovierung bringt die 24-Jährige frischen Wind in das Familienunternehmen.
Jörg Riethausen
Lara Schubert hat von ihrer Großmutter das traditionsreiche Unternehmen "Haarpflegehaus Schubert" übernommen. Nicht nur durch die Renovierung bringt die 24-Jährige frischen Wind in das Familienunternehmen.

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Anfang 2025 hat Lara Beck von ihrer Großmutter den Salon Schubert in Aue-Bad Schlema übernommen. Damit leitet die 24-Jährige im Erzgebirge in 5. Generation ein Unternehmen, das seit 138 Jahren besteht. Was so viel Tradition für eine junge Frau bedeutet, woher sie den Mut zur Übernahme genommen hat, warum sie sich ganz bewusst für einige "Oldschool"-Elemente entschied und was sie dagegen ganz neu machen will, verrät Lara im Portrait.

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Dass Lara Beck einmal als Chefin hinter der Rezeption des „Haarpflegehaus Schubert“ stehen würde, war lange alles andere als selbstverständlich. Denn ihre Leidenschaft für den Friseurberuf war eine Liebe auf den zweiten Blick – ursprünglich wollte die 24-Jährige Tischlerin werden: „Ich habe im klassischen Möbeltischlerhandwerk allerdings keinen Ausbildungsplatz gefunden und bin so eher ersatzweise in der Friseurausbildung gelandet. Doch dann habe ich mich direkt verliebt“, lacht die junge Meisterin, die ihre Lehre im Salon „Brockmann-Leipnitz“ in Chemnitz absolviert hat. „Ich kann meine Kreativität nun mindestens genau so ausleben wie im Tischlerhandwerk. Das, was mich daran interessiert hat – das Design und die Kunst, Details auszuarbeiten – setze ich nun mit Haaren statt mit Holz um und kann dabei individuell auf Menschen eingehen. Ein Beruf, der in allen Facetten wunderschön ist“, schwärmt Lara.

Familie steht hinter ihr

Ihrer Großmutter Gisela Beck war schon immer klar, dass ihre Enkelin für den Friseurberuf bestimmt ist, verbrachte sie doch schon als kleiner Knirps viel Zeit mit ihr im Salon. Und die 74-Jährige wünschte sich auch schon lange, dass Lara irgendwann das Geschäft von ihr übernehmen wurde. „Trotzdem hat mir meine Familie keinerlei Druck gemacht“, betont Lara. „So habe ich mir auch erstmal Zeit genommen und nach meiner Meisterprüfung zunächst zwei Jahre in unserem Salon gearbeitet. Während dessen konnte ich mich nach und nach reinfuchsen“, erzählt Lara. Zur Übernahme entschied sie sich erst nach guter Überlegung und ausführlicher Beratung, u. a. durch die Handwerkskammer. Trotzdem nicht ohne, sich in jungen Jahren an ein geschichtsreiches Unternehmen zu binden: „Meine Familie stärkt mir immer den Rücken“, so Lara. „Daraus habe ich den Antrieb und den Mut zur Übernahme genommen. Und jetzt ist es ein schönes Gefühl, meine Oma entlasten zu können. Auch bin ich unendlich dankbar, die Möglichkeit zu haben, diese lange Geschichte und Tradition fortführen zu dürfen. Als 24-Jährige ist das schon etwas ganz Besonderes, bei dem Gedanke möchte man rot anlaufen vor Stolz“, freut sich Lara.

Oma ist größte Stütze

Ihre Großmutter steht Lara bei dieser Fortführung zur Seite: „Glücklicherweise arbeitet meine Oma noch immer im Salon mit. Zusammen mit meiner Auszubildenden im zweiten Lehrjahr, Annmari Lindner, sind wir wirklich ein tolles Team. Sie ist für meine Großmutter wie eine zweite Enkelin“, lacht die junge Chefin.

Nach einem guten halben Jahr Geschäftsführung zieht Lara eine zufriedene Zwischenbilanz: „Es läuft gut, alle Kund*innen sind geblieben und wir konnten viele neue, junge hinzugewinnen. Durch den großen Kundenstamm musste ich mir weniger anfängliche Sorgen machen als Unternehmer*innen, die bei Null starten. Außerdem hat die Übernahme ein großes Medienecho erzielt, was mir schon einen deutlichen Push gegeben hat“, erzählt Lara.

Jedoch gebe es auch bei ihr immer wieder kleine Downs, die viele Bürokratie empfindet sie als besonders anstrengend. „Auch Themen wie Rente sind schon eine Herausforderung für junge Unternehmer*innen“, so Lara. „Mittlerweile sehe ich solche „Stolpersteine“ aber auch positiv, man wächst an ihnen und sie stärken einen für zukünftige Herausforderungen.“

Ihre größte Stütze in schwierigen Situationen ist nach wie vor Oma Gisela: „In Situationen, in denen ich kurz vor dem Kollaps stehe, ist meine Großmutter unfassbar ruhig und gelassen“, schildert Lara. „Sie hilft mir dann erstmal, meine Gedanken zu sortieren. Ich liebe sie einfach!“

Moderner Look trifft Retro-Elemente

Trotzdem lässt ihre Großmutter Lara freie Hand bei Neuerungen im Geschäft. Gemeinsam mit ihrer Mutter gestaltete die junge Unternehmerin den Salon optisch um. Salbei, Schwarz und Silber verleihen den traditionsreichen Räumlichkeiten einen modernen Touch. „Trotzdem habe ich mich ganz bewusst dafür entschieden, Retro-Elemente im Salon zu belassen. So habe ich einen alten Kinderstuhl mit Pferdekopf sowie die antike Rezeption mit der großen Registrierkasse vom Tischler aufarbeiten lassen. Betagte Stammkund*innen kennen diese Möbel noch von früher und erzählen bei ihren Besuchen Geschichten darüber. Das ist total niedlich“, schmunzelt Lara.

Lange war sich die junge Unternehmerin unsicher, wie der Salon heißen sollte: „Der Name Schubert ist hier schon eine Marke, deswegen war klar, dass der bleibt. Aber das bisherige „Salon Schubert“ war mir doch zu wenig.“ Nach vielen Gesprächen mit Kund*innen und Freund*innen entschied Lara sich nicht etwa für einen trendy Kunstnamen oder ein Wortspiel, sondern für „Haarpflegehaus Schubert“, den ursprünglichen Namen des Salons. „Ich finde, das ist nur auf den ersten Blick Oldschool. Vielmehr ist der Name zeitlos, so heißt niemand und irgendwie ist er richtig cool“, freut sich Lara.

„Kund*innen sind keine Nummern“

Auch die alten Werte des Familienbetriebs sind für die junge Meisterin wichtig: „Die harmonische Stimmung, die in unserem Betrieb seit Jahrzehnten herrscht, die respektvolle, freundliche Art, mit der wir miteinander umgehen und das Prinzip, Mensch und Haare wertzuschätzen, lebe ich in meiner Unternehmensphilosophie weiter“, so die neue Chefin. „Unsere Kund*innen sind keine Nummern, wie in großen Friseurketten, sondern wir leben das Menschliche und das Echte. Und das schätzen unsere Kund*innen sehr.“

Die Kundschaft war sofort bereit, sich auf die neue Leitung einzustellen: „Alle waren heilfroh, dass ich den Salon übernommen habe“, strahlt Lara. „Wir haben viele 90-jährige Omis unter unseren Stammkundinnen, die wirklich Angst hatten, dass das Geschäft schließt und sie dann keinen Salon mehr finden, in dem sie sich wohlfühlen.“ Einige seien zwar zunächst skeptisch gewesen, ob die Räumlichkeiten nach der Renovierung zu „Schickimicki“ oder zu jugendlich werden und sie sich darin nicht mehr willkommen fühlen. „Ich habe aber darauf geachtet, dass wir authentisch bleiben und den Salon so gestaltet, dass sich alle wohlfühlen. Das Feedback ist durchweg positiv“, freut sich Lara.

Spezialisierung auf Zweithaar geplant

Um noch mehr auf die Bedürfnisse der Kundschaft eingehen zu können, plant Lara Beck, sich mit dem Salon mehr in Richtung Zweithaar, Haarverdichtung und -verlängerung zu spezialisieren: „Wir haben viele Kund*innen mit Krebserkrankungen, die auf Haarersatz angewiesen sind. Wenn meine Auszubildende ihre Lehre abgeschlossen hat, werden wir gemeinsam die entsprechenden Weiterbildungen besuchen.“

Was zuerst wie ein ganz neuer Schwerpunkt klingt, baut doch auch auf den Wurzeln des Unternehmens auf: „Zu Zeiten meines Uropas wurden in diesem Salon selbst Perücken geknüpft. Mit der Spezialisierung nehmen wir diese Tradition also wieder auf.“

War unter der Leitung der Großmutter die klassische Dauerwelle noch einer der Schwerpunkte des Salons, wandeln sich die nachgefragten Dienstleistungen unter Lara: „Die Kund*innen sind jünger und moderner geworden. Mit kleinen Veränderungen kommen wir dem entgegen – z. B. läuft jetzt Musik im Salon. Das macht schon viel aus“, erzählt sie.

Ein weiterer neuer Schwerpunkt des Salons sind Brautfrisuren: „Schon in Chemnitz war ich immer „die für die Bräute“. Mittlerweile habe ich also viel Erfahrung in diesem Bereich, viele Kundinnen in meinem Alter kommen zu mir und das Hochzeitsstyling macht mir mega Spaß“, erzählt Lara.

Da das Brautstyling aber auch viel Zeit bindet, möchte Lara ihr Team gerne vergrößern und sucht deswegen weitere Mitarbeitende, um den Salon für den Zukunft noch besser aufstellen zu können.

Erweiterung geplant

In drei bis vier Jahren möchte sie den Salon noch einmal umbauen und dann räumlich erweitern. „Ich wünsche mir z. B. eine Shampoonier-Lounge und mehr Platz für mein dann hoffentlich größeres Team“, so Lara. „Ich hoffe, dass der Salon noch sehr lange fortbesteht und wir uns auch in Konkurrenz durch die vielen Barbershops weiterhin behaupten können“, so Lara. „Gerne möchte ich auch anderen Friseur*innen in meinem Alter Mut zusprechen, Geschäfte zu übernehmen. Wagt es, das macht einen wirklich stolz!“

138 Jahre Familientradition

Bereits 1888 eröffnete Lara Becks Urururopa ein Barbiergeschäft in Lößnitz. Drei seiner vier Söhne wurden Friseure. Nachdem Sohn Clemens 1917 aus dem Ersten Weltkrieg zurückkam, gründete er in der Alfred-Brodauf-Straße im benachbarten Aue seinen eigenen Salon und legte damit den Grundstein für das heutige Unternehmen. 1939 zog die Friseurfamilie in die Bahnhofstraße 24 um, wo sich der Salon bis heute befindet.

Auch zu Zeiten der DDR war der Salon in Privatbesitz und wurde von 1944 bis 1985 von Lara Becks Urgroßvater Helmut Schubert und seiner Frau Hildegard geführt. Danach leitete Tochter Ursula das Friseurunternehmen bis sie im Jahr 2013 starb. Dann übernahm Laras Großmutter Gisela Beck den Salon und führte ihn bis Ende 2024. Mit Lara Beck steht nun die 5. Generation im Haarpflegehaus Schubert am Stuhl.