Grenzenloses Glück: Von der Stage zum Wickeltisch

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Liebt den grenzenlosen Spielraum zwischen den Welten: Andi Ehrle
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Liebt den grenzenlosen Spielraum zwischen den Welten: Andi Ehrle

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Andreas Sebastian Ehrle ist euphorisch! Irgendwas hat sich positiv verändert in der deutschen Friseurszene. Sollte tatsächlich sein Traum in Erfüllung gehen, dass Friseur*innen zusammenhalten, Erfolgsrezepte teilen und sich gegenseitig stärken? Eine Geschichte von grenzenloser Begeisterung und wirklicher Herzensfreude.

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Es ist schon manchmal echt witzig: Ich komme gerade von einem der heftigsten, emotionalsten und energiegeladensten Events unserer Friseurbranche seit Jahren zurück. Mein Handy ist voll von WhatsApp Messages, Insta- und Facebook Nachrichten, Hammer-Worten und auch Anfragen. Kann ich dich buchen? Buchen für was? Rede mit mir, ich möchte dir zuhören! Wow, denke ich mir. Da ist ja mächtig was passiert. Eine der WhatsApps ist von Simone, die checke ich dann mal als erstes, denke ich mir. Simone ist die Simone von der FMFM. Sie fragt, ob ich wieder was schreiben mag…

Ein Wow-Moment

Grenzenlos war unser Wochenende. Grenzenlos ist schon immer mein Leben und „Grenzenlos“ war der Titel des Events. Ich hatte die Ehre und die Chance, als Speaker mit meiner Stimme und meiner Story auf der Bühne zu stehen. Einmal keine Haare da oben machen, dachte ich mir. Das ist schon geil. Mein Thema: „Rebellen hinterlassen Spuren“. So lautet auch der Titel meines Buches, das ich in zweieinhalb Wochen geschrieben habe. Das glaubt mir zwar keiner – ist aber so.

Zurück zum Thema. Heftig war es, da oben zu stehen. Die Leute abzuholen. Egal, was auch immer ich bis jetzt gemacht habe – und das war ein ganzer Haufen, sogar so viel, dass es wahrscheinlich für zwei Leben reicht -, diese Bühne in dieser Form hatte ich noch nie. Casting Show, Teleshopping, TV Shows und meine Club Tour, das alles war anders als eben letzten Samstag 18.31 Uhr: 15 Minuten meine Stimme und ich. Das ist heftig. Gänsehaut pur. Eye-to-eye mit hungrigen Friseur*innen, die sich ein Ticket geleistet haben. Die zum Teil über zwölf Stunden Anreise hatten, um sich an ihrem Wochenende mit besonderen Leuten aus unserer Branche zu treffen. Um eben auch Teil eines Großen zu sein, das nun anfängt zu wachsen. Von Tag eins an. Das Motto der Veranstaltung war: Miteinander und nicht gegeneinander!

Wir halten zusammen – endlich

Und genau darum geht‘s nun: Was ist denn mit uns Friseuren seit und in der Pandemie passiert? Kann es sein, dass der eine der anderen auf einmal etwas gönnt? Dass die eine den anderen mal um Hilfe bittet? Hallo, durch das „Um-Hilfe-Bitten“ gibst du doch auch Schwäche und Hilflosigkeit zu. Undenkbar bislang. Nun scheint es sich zu ändern. Ich finde in den sozialen Netzwerken mehr und mehr Friseur*innen, die ihren Erfolg nicht nur präsentieren, sondern sogar welche, die ihren Erfolg auf einmal auch preisgeben und ihre Tipps und Tricks dazu raushauen. Es werden Netzwerke geteilt, man fängt an, sich gegenseitig zu stärken und sogar zu feiern. Der Kollege, der früher dein Feind war, ist nun der Bro und der Best Buddy. Zusammen sind wir was, in der Gruppe sind wir stark – das sind die neuen Botschaften.

Total andere Energie

Kommt das alles aus der Angst heraus, dass du es alleine nicht mehr schaffst, oder ist es die Einsamkeit der Pandemie? Wo kommt dieser Wandel her? Ist es der Drang, mal laut und eben nicht nur der Krümel auf dem Teller zu sein, sondern ein Stück vom Kuchen? Was ist es? Frage an euch. Kommentare gerne im Feed unten dann.

Respekt und Lob werden ausgesprochen und Friseur*innen folgen Friseur*innen. Das kenne ich so und in der Form nicht wirklich. Bei meinem letzten Artikel „Die Empörungsgesellschaft“ hatte ich so einen heftigen Zuspruch von euch allen hier, die mein geschriebenes Zeug lesen. Das war echt mächtig und treibt mich an, weiter zu schreiben. Danke mal an der Stelle dafür. Zeilen können Gold sein, aber eure Zeit ist es eben auch. Ich sage immer: Mein Honorar ist die Zeit, die ihr euch zum Lesen nehmt. Das ist mir mehr wert als Kohle. Das ist das Interesse, der Mut, die Anerkennung und auch der Respekt.

Volle Wertschätzung

Beim „Grenzenlos“-Event kam eine Frau auf mich zu und sagte: „Hey, ich bin die Kathrin, die alle deine Artikel immer kommentiert. Du sprichst mir voll aus der Seele und genau deine Themen beschäftigen mich auch. Ich wollte dich mal live sehen, und deshalb bin ich hier.“ Traut sich halt dann auch nicht jede, einen so drauf anzusprechen wie eben diese Lady. Toll finde ich das, Kathrin! Und verdammt ja – genau deshalb schreibe ich!

Aber wie war das denn früher eigentlich? Da ich nun schon 26 Jahren hinter dem Stuhl stehe, denke ich, dass ich euch da auch was drüber erzählen kann. Es war nicht einfach… Friseur zu werden war nicht so wie heute. Du musstest zuerst mal gegen deine Eltern antreten. Die wollten das bei mir nicht so richtig. Abi und ein Studium oder zumindest ein guter, solider Job wäre schon wichtig. Friseure waren nicht so sehr angesehen. Hatten keine Lobby nach außen. Hallo, dachte ich mir schon damals, dann werde ich mal Friseur. Vielleicht kann ich da ja was dran ändern.

In der Branche zu dieser Zeit, es war 1996, gönnte niemand jemandem etwas. Es war so ein Fight zwischen den Kolleg*innen, sogar zwischen den Stühlen, viele Lügen. Vorne das Grinsen im Gesicht, von hinten dann das Messer in die Rippen… Kennt ihr das noch? Soziale Netzwerke gab es nicht. Ein paar Vereine oder Clubs der Haarschneider vielleicht. Immer mal eine Messe. Der andere Friseur aus deiner Stadt war dein Konkurrent. Aber ist und war es doch nicht immer schon so, dass die Kundin selbst entscheidet, in welchem Stuhl sie landet? Da kannst du noch so viel drum rum machen. Zufrieden ist zufrieden. Und Treue ist Treue. Mein Weg war, nach dem ich mit 23 Jahren und auch viel zu früh meinen eigenen Salon gegründet hatte, das TV.

Gönner gab es wenige

Ich hatte das Glück und gleichzeitig auch das Pech, bei „Top Cut“ anzutreten. Es war 2009 und gesucht wurde „Deutschlands bester Friseur“. Dritter wurde ich, aber genau da ging es dann schon los. Egal, was auch immer ich danach im TV oder auf den Bühnen gemacht habe, es war immer mit Neid in den Augen und Unehrlichkeit deines Gegenübers verbunden. In unserer Branche war das ein Kampf, da Leute zu haben, die echt mit dir sind. Ein paar wenige, eine knappe Hand voll war es. Einer davon ist Damian. Egal – ein Einzelkämpfer ist besser als ein Mitläufer, dachte ich mir. Gegen die Welle zu schwimmen ist schwerer, als mit der Welle, aber trotzdem kam ich an Land.

Gemeinsam stark

Am letzten Samstag war es wie eine Geburt. Wie der Phönix aus der Asche. Diese Emotion, die glänzenden Augen der Friseur*innen und der Vibe, der in der Luft war, ist so viel mehr wert als so vieles, was schon davor da war. Grenzenlos ist ein Wort. Grenzenlos ist eine Message und grenzenlos sind wir Friseur*innen. Hussein, Maher und Robert hatten eine Vision. Ein Ziel vor Augen. Die Jungs trauen sich was und so muss das sein! Miteinander und nicht gegeneinander. Gemeinsam sind wir stark, gemeinsam sind wir mehr, gemeinsam sieht man uns und gemeinsam werden wir wachsen. Ich danke jeder einzelnen Person für das, was sie mir gibt und das, was es mir gibt!

Ein anderes Gefühl

Der Tag danach ist anders als sonst. Ich bin so aufgewühlt, so unruhig. Schreibe und telefoniere mit den anderen. Vielen geht es gleich. Damian und ich haben uns wieder neu gefunden. Wir hatten so viel zusammen erlebt in den Jahren davor. Wir sind damals zusammengewachsen. Als Friseure. Von Tag eins an gemeinsam auf der Bühne. Aber wir haben uns irgendwann auch verloren danach. Jeder ging seinen Weg. Ein Bro bleibt ein Bro! Er war mit mir on stage am Samstag – wie so viele andere tolle Speaker. Es ist wie eine neue Familie für mich und es ist eine so heftige Inspiration zugleich. Komm da mal drauf klar….

Ich habe heute noch frei, und das ist auch gut so. Meinen Sohn Davie habe ich in den Kindergarten gebracht, meine Tochter Romy ist bei mir. Sie holt mich auf den Boden zurück und macht mir den Kopf frei – die Windel stinkt. Von der Bühne zum Wickeltisch – so ist mein Leben, so liebe ich es!