„Mein Salon läuft einfach nicht mehr wie früher“

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Engagiert, erfahren & ehrlich in der Betrachtung der Lage: FMFM Artistin und Unternehmerin Stefanie Kritsch
Foto: privat
Engagiert, erfahren & ehrlich in der Betrachtung der Lage: FMFM Artistin und Unternehmerin Stefanie Kritsch

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„Diese Zeiten rauben mir den letzten Nerv! Ist das eigentlich nur bei mir so?“ Stefanie Kritsch ist engagierte Friseurunternehmerin und FMFM-Artist aus Wemding. Ihr geht es vermutlich wie vielen – oft stillen – Saloninhabern in Deutschland, die sich auch Mitte Mai dieses Jahres noch immer fragen: „Was ist eigentlich mit 2024 los?“ Stefanies Kommentar aus tiefstem Herzen.

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Es ist doch Wahnsinn, was da draußen los ist! Egal, wie es heute ist, morgen ist es schon wieder anders! Ich bin ehrlich, mein Empfinden ist: Wir tun uns schwer, Kunden zu halten, und die Kunden haben einen anderen Rhythmus. Kurz: Es flutscht einfach nicht mehr so im Salon. Dabei hatte ich eigentlich die Hoffnung, dass es sich nach Corona alles wieder normalisiert. Aber das ist leider bei uns nicht der Fall. Und ich frage mich, ob das bei anderen wohl auch so ist?!

Eine Spirale

Ich finde es momentan so turbulent, dass ich mir Unterstützung durch Coaching gesucht habe, damit ich all diese ständig wechselnden Krisenherde gemanagt kriege. 2020 waren wir im Salon noch zu fünft, und seit 2021 habe ich mich entschieden, allein weiterzumachen. Das war auch eine gute Entscheidung. Ich war sehr erfolgreich und dabei auch sehr zufrieden. In Coach-Empfehlungen war dann aber der Tenor: „Wenn du allein arbeitest, entwickelst du dich nicht weiter. Fällst du aus, läuft gar nichts mehr und die Kunden sind weg.“ Stimmt ja auch. Also habe ich 2023 doch eine tolle und total motivierte Vollzeit-Friseurin und seit September einen super Azubi dazu genommen, und im Sommer kommt ein weiterer. Außerdem habe ich tatsächlich einige Bewerbungen von Jungfriseurinnen, z. T. mit Meistertitel, die aber alle keine Berufserfahrung haben, was ich schwierig finde. Dennoch: Soweit an dieser Stelle eine positive Entwicklung in meinem Salon.

Was soll noch kommen?

Fakt ist bei mir aber: 2024 kann ich geschäftlich mit 2023 überhaupt nicht vergleichen. Unser Umsatz war im ersten Quartal dieses Jahres eine Katastrophe. Die Auslastung war schlecht, die Krankheitswelle lang, und es gab zig Terminabsagen und -verschiebungen. Auch der eine oder andere Stammkunde ist weggebrochen. Die Kunden sind nicht mehr so gut gelaunt wie früher. Immer mehr Barbershops kommen hier ins Donau-Ries. Wir müssen seit Corona ganz arg und streng kalkulieren, wie in der Gastro. Seit April geht es jetzt zum Glück wieder aufwärts. Aber wie lange? Es sind einfach keine Konstanten mehr! Nichts ist mehr planbar oder zuverlässig. Mich würde mal interessieren, wie es woanders ist. Es spricht da doch keiner drüber. Keiner sagt mal ehrlich, wie es wirklich und tatsächlich ist. Da sagen viele Kollegen und Kolleginnen „wie toll und gut es läuft“. Aber da weiß man auch nicht, ob das wirklich stimmt. Und überhaupt, was heißt das denn genau: „Es läuft gut“? Auch das liegt vermutlich im Auge des Betrachters.

Qualität zählt – aber kostet auch

Meine Überzeugung ist nach wie vor, dass Weiterbildung das A und O ist! Aber auch da sind die Kosten immens gestiegen. Musste ich vor Corona für drei Seminartage 300 Euro bezahlen, sind es heute 500 Euro. Kostete die Übernachtung damals 70 Euro, schlagen heute 100 Euro pro Nacht zu Buche. Vom Sprit nicht zu sprechen und erst recht nicht davon, dass ich Verdienstausfall habe, weil der Salon an den Seminartagen zu ist. Heißt: Auch bei uns sind die Preise extrem gestiegen.

Ausbildung braucht Wertschätzung

Das Thema Ausbildung ist ebenfalls so ein Dauerbrenner. Ich bin wirklich überzeugte und leidenschaftliche Ausbilderin! Dennoch habe ich das Gefühl, dass niemand – auch die Kunden draußen – wertschätzt, was Ausbildungsbetriebe alles investieren: Zeit, Werkzeug, Lohn, Sozialabgaben, Lohnsteuer, Fortbildung, HWK, Prüfungsgebühren, Modelle… Die Liste ist schier endlos. Das muss man sich erstmal leisten können! Endverbraucher wundern sich manchmal über Preise, ohne darüber nachzudenken, dass all das auch bezahlt werden muss. Ausbildung kostet MICH als Unternehmerin Geld. Nicht den Staat, nicht die Eltern, nicht die Innung. Mich! Und wenn ich gut ausbilden möchte – und das will ich – muss ich investieren. Da fehlt mir einfach schlicht die Wertschätzung der Gesellschaft. Hinzu kommt, dass unsere Branche in Sachen KI total hinterherhinkt! Ich würde mir z. B. mal eine VR-Brille wünschen, mit der Schüler-Praktikanten einen Einblick in unseren Salonalltag bekommen könnten. Sowas brauchen wir, um junge Menschen für uns zu gewinnen!

Interesse an ehrlichem Austausch?

So, das musste mal raus! Ich mache hiermit den Anfang und wünsche mir, dass wir Friseure uns auch im nahen Umfeld und Umkreis mehr untereinander austauschen, wie es wirklich in unseren Salons läuft. Offen und ehrlich und ohne Beschönigung. Wir sind alles emotionale Menschen, die das können müssten. Wir sitzen doch alle im selben Boot. Und gleichzeitig sind unsere Konzepte so unterschiedlich, dass wir uns gegenseitig nicht wehtun. Wirklich austauschen kann ich mich aber derzeit leider nur mit Kolleginnen und Kollegen, deren Läden weit von mir entfernt sind. Warum ist das so? Lasst uns doch zusammenrücken und diese nicht enden wollende Krisenzeit gemeinsam schultern. Mehr Menschen haben zusammen mehr Ideen. Und Freude. Die brauchen wir schließlich alle.