Women think big: „Frauen müssen mehr fordern!“

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Sam Schüller
Sie ist das Gesicht von Female Empowerment in der Friseurbranche: Sam Schüller.
Sam Schüller
Sie ist das Gesicht von Female Empowerment in der Friseurbranche: Sam Schüller.

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Wenn es derzeit eine weibliche Ikone in der Friseurbranche gibt, ist das Samantha Schüller. Die Düsseldorferin ist nicht nur supererfolgreich mit ihrem autonom laufenden Salon „Kopfsache“, mit 84.000 Followern ein gefeierter Instagram-Star und erfolgreiche Podcasterin, sondern geht mit ihrer Akademie auch als Unternehmensberaterin und Coach absolut steil. Ihr Schwerpunkt liegt dabei vor allem auf Female Empowerment, was sie auch zur gefragten Speakerin macht. Dabei lässt sie sich in keine Schublade pressen, sagt deutlich, was Sache ist und wie die Fakten aussehen, betont aber, dass selbstverständlich auch Emotionen gelebt und gezeigt werden dürfen. FMFM-Autorin Daniela Hamburger im Interview mit Sam Schüller, für uns DEM Rolemodel der erfolgreichen Unternehmerin der Zukunft.

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Liebe Sam, Du verkörperst mit Deinem Image eine toughe Form von Weiblichkeit – hast Dir Female Empowerment auf die Fahnen geschrieben und bist auch beim Wella Female Entrepreneur Projekt involviert. Wie kam es dazu, dass Du Dich für die Frauen in Deinem Business stark machst? Warum ist Dir das wichtig?

Ich würde eher sagen, es hat sich zufällig entwickelt. Seit meiner Friseurlehre suche ich nach Vorbildern in der Friseurbranche, sowohl Männern als auch Frauen, deren Leben ich gerne führen würde und die mich inspirieren und motivieren. Leider fand ich sie nicht. Zusätzlich stellte ich mir die Frage, warum gerade in einer Frauenbranche Frauen so unterrepräsentiert sind. So wurde ich mein eigenes Vorbild, und das war ehrlich gesagt hart. Denn bewusst zu polarisieren, war für mich außerhalb meiner Komfortzone. Authentizität und Selbstbestimmtheit sind mir sehr wichtig und schon alleine durch diese Werte habe ich Menschen getriggert, ohne aktiv etwas dafür zu tun. Es war ein Prozess, in dem ich lernte, dass dies eine große Stärke ist, und ich habe gelernt, immer mutiger meine Ansichten zu teilen, mich nicht mehr klein zu machen und mich auch nicht mehr klein halten zu lassen. Dabei habe ich erkannt, dass die Gesellschaft es (noch) nicht gewohnt ist, Frauen zu sehen, die für etwas einstehen, und das auch noch in der Öffentlichkeit. Mir ist es wichtig, dass mehr Menschen dadurch den Mut finden, für sich selbst einzustehen und ihren eigenen Weg zu gehen, auch wenn gesellschaftliche Konventionen es schwer machen.

Kannst Du mit dem Begriff „Frauenpower“ eigentlich noch was anfangen? Oder ist das für dich eher schon negativ konnotiert, weil zu abgegriffen und stereotyp?

Ich persönlich hasse den Begriff „Powerfrau“. Denn der Begriff „Powermann“ existiert auch nicht. Ich verstehe jedoch die Intention dahinter, weil wir als Gesellschaft immer nach Bezeichnungen suchen, um Menschen besser einordnen zu können. Dies zeigt nur, dass Frauen, die sehr selbstbestimmt und unabhängig leben, so herausstechen, dass ihnen ein Überbegriff gegeben werden muss.

„Wir alle müssen lernen, uns persönlich zu Mitarbeitenden und Kund*innen abzugrenzen“

Als „weiblicher Führungsstil“ wird oft Emotionalität dargestellt. Frauen sollen ja gerne Chefs sein aber ihren Salon und ihre Mitarbeiter gefühlvoll leiten, viele (einfühlsame) Mitarbeitergespräche führen, „spüren“, was ihre Kund*innen möchten. Rationelle Entscheidungen auf der Basis von Zahlen werden nach wie vor eher den Kerlen zugeschrieben. Wie siehst Du diese Rollenzuschreibungen? Und wie können wir uns von diesen Narrativen verabschieden?

In meiner Karriere als Friseurin in Angestelltenverhältnissen hatte ich immer mehr männliche Führungskräfte, die sich auch nicht immer von ihren Emotionen distanzieren konnten. Meistens handelte es sich um Choleriker, die mich angeschrienen haben mit dem Argument, dass es abhärte. Wir sind alle nur Menschen. Viele Frauen denken leider, sie müssten härter und autoritärer sein, um effektiv führen zu können. Leider spiegelt dies immer noch die gängige Geschlechtersozialisierung wider. Männer werden eher Richtung Dominanz erzogen, während Frauen emphatisch und fürsorglich sozialisiert werden. Wir werden häufig dazu ermutigt, auf die Bedürfnisse unseres Umfelds zu achten und uns selbst dabei zurückzunehmen.
Wenn es uns Frauen gelingt, diese Eigenschaften in unseren Führungsstil zu integrieren, um individuell auf unsere Mitarbeitenden einzugehen, ohne dass es uns unternehmerisch oder emotional einschränkt, haben wir alles in der Hand, was eine gute Führungskraft braucht. Persönliche Abgrenzung zu Mitarbeitenden und Kunden, ist etwas was wir alle in dieser sehr emotional aufgeladenen Branche, lernen müssen.

Okay, die eigenen Bedürfnisse zu achten, keine Selbstaufgabe zu betreiben, ist also wichtig. Was müssen Chefinnen denn sonst noch dringend lernen? Welche Eigenschaften braucht die Unternehmerin der Zukunft?

Ob Mann oder Frau müssen wir endlich den Unterschied zwischen Selbständigkeit und richtigem Unternehmertum lernen. Das ist nichts, was ich mir ausgedacht habe, andere Branchen leben es tagtäglich vor. Als Selbstständige*r trägst du die Last alleine. Du führst, arbeitest und kämpfst für jeden Erfolg. Man ist sein eigener Boss, meistens aber auch sein bester Mitarbeiter. Ein Unternehmer denkt etwas größer. Und nur weil wir Handwerker sind, müssen wir uns nicht in Bescheidenheit verlieren, wie es viele Chefinnen tun. Eigenschaften wie Kommunikations- und Anpassungsfähigkeit, unternehmerischer Mut und Selbstreflexion sind eine gute Basis, um gelassener, aber auch innovativer ein autonom laufendes Unternehmen aufbauen zu können. Also einen Salon, der funktioniert, ohne dass Chef oder Chef aktiv selbst am Stuhl stehen.

„Nicht einzelne Stars werden die Branche retten, sondern die Gemeinschaft muss an einem Strang ziehen“

Und wie siehst Du die Zukunft der Branche? Welche Herausforderungen, welche Chancen bringen die nächsten Jahre?

Ich sehe die Herausforderung in der Weiterentwicklung und der Anpassungsfähigkeit. Diese Branche ist so unfassbar emotional, dass einige immer noch bei ihrer Meinung bleiben, dass das, was sie die letzten 30 Jahre gemacht haben, auch weiterhin der richtige Weg sein soll. Man sieht jedoch auch, dass viele keine andere Möglichkeit mehr haben, als sich zu bewegen, sonst gehen sie unter und finden vor allem keine neuen Mitarbeitenden mehr. Die Chance sehe ich bei den Menschen, die bereit sind, es anders zu machen als unsere Vorgänger*innen. Die den Mut haben, anzuecken, über den Tellerrand zu schauen und sich dadurch nicht in ihrer Selbständigkeit verlieren. Ebenso wird die Gemeinschaft eine große Rolle spielen. Es sollte nicht mehr darum gehen, sich alleine an irgendeine rudimentäre Spitze zu kämpfen, um wichtig zu sein. Wir haben zu viele vermeintliche Stars. Wir müssen an einem Strang ziehen und diejenigen hervorbringen, die nicht nur wichtig sein wollen, sondern auch wichtige Dinge vorlegen und umsetzen möchten.

Du bist dafür bekannt, als Speakerin und auch Unternehmensberaterin den Finger in die Wunde zu legen, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Was motiviert Dich dazu? Warum stellst Du Dich ins Feuer und rüttelst Deine Kolleg*innen auf?

Weil ich es gut kann. Ich bin jemand, der sich selbst und anderen gut den Spiegel vorhalten kann, und das Feedback von Kolleg*innen motiviert mich jeden Tag aufs Neue, darin mutiger zu werden. Ich werde die Branche nicht komplett verändern, aber vielleicht kann ich einige aufrütteln. In meinem Herzen bin ich Visionärin und habe die Hoffnung, den Weg für Menschen mit guten Werten zu ebnen. Ihnen etwas Mut mitzugeben und vor allem auch jungen Menschen zu zeigen, dass man sich auch als Friseurunternehmer*in ein gutes Leben aufbauen kann.

„In meinem Team ist jeder gut darin, klar zu kommunizieren“

Du bist selbst Chefin. Was sind Deine Botschaften an Dein Salonteam? Wie machst Du Deine Mitarbeiter*innen stark?

Ich glaube, dass jeder in meinem Team mit mir lernt, klar zu kommunizieren. Bei uns gibt es keine Probleme, nur Lösungen. Ich denke, dass die Stärke immer aus einer guten Moral kommt, gemeinschaftlich an einem Ziel zu arbeiten. Jeder möchte bei mir wachsen, und ich habe nicht nur Zeit und Raum, um meine eigenen Visionen und Träume zu verfolgen, sondern auch die meiner Mitarbeitenden mit einzubeziehen. So ist jeder dieser Menschen ein wichtiger und tragender Teil meines Unternehmens. Ich würde behaupten, wir stärken uns damit alle gegenseitig.

Und womit hast Du selbst zu kämpfen?

Ich kämpfe momentan mit meiner Erwartungshaltung mir selbst gegenüber. Mein Leben verläuft oft in Extremen, und ich gebe mir manchmal nicht genügend Raum, Dinge, ob gut oder schlecht, zu verarbeiten. Die Arbeit an mir selbst ist daher ein stetiger Prozess, und ich bin und bleibe mein größtes Projekt.

„Die Dinge sind nicht immer so unmöglich, wie man meint“

Auch, wenn viele von Gleichberechtigung sprechen: Gerade in puncto Kindererziehung / Care Arbeit sind wir davon noch meilenweit entfernt. Nach wie vor kümmern sich fast immer die Frauen um die Kids und stecken dafür karrieretechnisch zurück. Wie können Frauen daraus ausbrechen? Wie kann der Spagat zwischen Kind und Karriere in der Friseurbranche endlich gelingen?

Das ist ein allgemeines Thema und betrifft nicht nur die Friseurbranche. Frauen müssen endlich erkennen, dass sie die Wahl haben. Wenn wir von heterosexuellen stereotypischen Beziehungen ausgehen, müssen Frauen mehr fordern. Wir können nicht darauf warten, dass der Partner uns die Gelegenheit gibt, mehr Raum zu bekommen, sei es für unsere Karriere, Hobbys oder Selbstfürsorge. Wir müssen mehr einfordern und darauf aufmerksam machen. Viele Männer sind es gewohnt, dass die Frau zu Hause bei den Kindern bleibt, da dies oft die Rolle der Mütter war und ist. Wir müssen uns selbst und unser Umfeld für Gleichberechtigung sensibilisieren. Als Selbstständige haben wir alle Mittel und Wege in der Hand, um so zu arbeiten, wie wir es für richtig empfinden, und dürfen unseren Partner dabei in die Pflicht nehmen. Auch für alleinerziehende Personen ist es möglich, sich ein unterstützendes Netzwerk aufzubauen. Alternativ besteht die Möglichkeit, Personal einzustellen. Ist es einfach? Nein. Jedoch sind die Dinge nicht immer so unmöglich, wie man meint.

Sam, Du bist selbst Mama. Was gibst Du Deiner kleinen Tochter mit? Wie schaffst Du es, dass sie ohne toxische Rollenvorstellungen aufwachsen kann?

Erstens beobachte ich, dass es in Zukunft schwieriger sein wird, Jungen unabhängig von Rollenbildern zu sozialisieren. Wenn ein Mädchen mit einem Bagger spielt, anstatt mit einer Puppe, wird dies eher akzeptiert, als wenn ein Junge mit einem rosa Puppenwagen spielt. Ich versuche meiner Tochter mit aller Kraft zu vermitteln, dass sie selbstbestimmt leben kann. Dass ihre Gefühle richtig und wichtig sind und dass sie das Recht hat, sauer zu sein, wütend zu sein und Nein zu sagen. Dass Mädchen und Frauen nicht dazu da sind, irgendwelche gesellschaftlichen Erwartungen zu erfüllen. Dass sie das Glück nur in sich selbst findet und nicht in einem Job oder einer Partnerschaft und dass diese Dinge immer nur das i-Tüpfelchen ihrer Zufriedenheit sein sollten. Wir müssen Mädchen großziehen, die ihren Selbstwert erkennen, ohne den Zuspruch von außen dafür zu brauchen, und den Mut haben, ihre eigenen Wege zu gehen.

Herzlichen Dank, liebe Sam, für dieses ermutigende Interview!

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