Alles bleibt anders! Die wirtschaftliche Lage des Friseurhandwerks

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Friseure wurden während des Shutdowns schmerzlich vermisst
FMFM
Friseure wurden während des Shutdowns schmerzlich vermisst

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+++Konjunktureller Aufwärtstrend im Friseurhandwerk trotz Umsatzminus+++Positive Preisentwicklung+++Unfaire Konkurrenz+++Beschäftigungsrückgang und Fachkräftemangel+++Rückläufige Ausbildungsverträge+++Prognose unsicher+++

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So langsam kann man es sich fast gar nicht mehr vorstellen, dass es auch mal eine Zeit vor Covid-19 gab! Das dem jedoch so ist, zeigt der soeben digital veröffentlichte jährliche Friseurbranchenbericht „Spotlight“ des Zentralverbands des Deutschen Friseurhandwerks für das Jahr 2019, der im Großen und Ganzen nichts spektakulär Neues zeigt: fortwährende Ärgernisse in Sachen Betriebsstrukturen, tendenzielle Aufwärtstrends bei der Umsatzentwicklung, aber leider auch verlässlich rückläufige Zahlen in Sachen Ausbildung und Nachwuchs. Prognose? Schwierig in Krisenzeiten wie diesen! FMFM hat die wichtigsten Zahlen aus dem Spotlight für euch zusammengefasst. Vielen Dank an dieser Stelle an den ZV!

Ab und auf bei den Umsätzen

Der konjunkturelle Aufwärtstrend im Friseurhandwerk setzte sich auch 2018 grundsätzlich fort. Einzig den Umsatz betreffend ist nach vielen starken Jahren erstmals ein Minus zu verzeichnen, 54.930 umsatzsteuerpflichtige Friseurunternehmen haben im Jahr 2018 rund 6,9 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das entspricht einem Minus von 2,1 Prozent gegenüber 2017.

Für 2019 ist die Prognose jedoch wieder deutlich positiver mit einem Umsatzplus von 2,4 Prozent laut des aktuellen Jahresdurchschnitts der vierteljährlichen Handwerksberichterstattung. (Quelle: Umsatzsteuerstatistiken Statistisches Bundesamt Wiesbaden)

Positive Preisentwicklung durch hohe Verbrauchernachfrage

Die spezifische Preisentwicklung im Friseurhandwerk zeigt im Jahresdurchschnitt 2019 ein erneutes Plus von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr und liegt somit wiederholt oberhalb der allgemeinen Teuerungsrate in Deutschland von 1,4 Prozent. Ausschlaggebend für diese positive Entwicklung der Friseurbranche ist und bleibt die erhöhte Nachfrage der Verbraucher nach vielseitigen Friseurdienstleistungen.

Die positive Preisentwicklung innerhalb der Friseurbranche belegt auch die Erfolgsvergleichsanalyse (EVA) von Wella: In den Damensalons lag der Umsatz im Jahr 2019 bei durchschnittlich 54,97 Euro, was einer Steigerung um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Männliche Kunden investierten im Jahr 2019 durchschnittlich 21,84 Euro pro Besuch, was einer Steigerung von 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. (Quelle: EVA Betriebsvergleich Wella/Unternehmensberatung Peter Zöllner)

Etwas mehr Friseurbetriebe

Die Zahl der Friseurbetriebe ist leicht gestiegen. Die Handwerksrollenstatistik des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) dokumentierte zum Stichtag – 31.12.2019 – 80.767 Salons. Mit Blick auf 2018 ist die Anzahl der Betriebe damit um 0,2 Prozent gestiegen. Für 2019 weist der ZDH bundesweit 5.756 Zugänge und 5.605 Abgänge von Friseursalons aus.

Die Filialisierung ist nach einem leichten Aufschwung in 2018 ein Jahr später erneut rückläufig. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) erfasste im Jahr 2019 insgesamt 9.974 Filialbetriebe und 76.089 Unternehmen in Friseurhandwerk.

Kleinbetriebe dominieren Friseurhandwerk

Rund 70 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Friseurunternehmen beschäftigten weniger als fünf Mitarbeiter, somit ist und bleibt die große Mehrheit der Unternehmen im Friseurhandwerk kleinbetrieblich strukturiert. Knapp 24 Prozent der Unternehmen hatten zwischen fünf und neun Beschäftigte, nur 0,3 Prozent aller Friseurunternehmen hatten mehr als 50 Mitarbeiter (Handwerkszählung 2017). Dabei bilden die beiden unteren Größenklassen zwischen 17.500 und 125.000 Euro Jahresumsatz nach wie vor die größten Unternehmensgruppen im Friseurhandwerk. Auch wenn hier leichte Rückgänge zu verzeichnen sind, stellen sie aber weiterhin über 70 Prozent aller Betriebe im Friseurhandwerk dar und erwirtschafteten 2017 knapp 34 Prozent des Branchenumsatzes.

Die Unternehmen mit den mittleren Größenklassen zwischen 125.000 und 500.000 Euro knüpfen an ihre Entwicklung aus den letzten Jahren an. Sie steigerten sich erneut bezüglich Betriebsanzahl und Umsatz.

Die Größenklasse zwischen 500.000 und 5 Millionen Euro wächst 2017 leicht im Vergleich zum Vorjahr.

Mit nur 1.138 Friseurbetrieben machen die beiden höchsten Größenklassen insgesamt 2 Prozent aller mehrwertsteuerpflichtigen Friseurunternehmen aus, erwirtschafteten jedoch einen Anteil von rund 24 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche. (Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden)

Unfaire Konkurrenz

Obwohl der expansive Gründungsboom im Friseurhandwerk offenbar Vergangenheit ist, bleibt die Situation in der Branche angespannt. Grund dafür ist die große Zahl der sogenannten Kleinstselbstständigen. Diese beschäftigen keine Mitarbeiter, bilden keinen Nachwuchs aus und können dabei zugleich unterhalb eines Jahresumsatzes von 17.500 Euro (Umsatzsteuergrenze bis 31.12.2019) mehrwertsteuerfrei – das heißt mit einem deutlichen Kostenvorteil von 19 Prozent – und damit konkurrenzlos günstig am Friseurmarkt agieren. Die Zahl dieser Mikrobetriebe wächst seit Jahren, wird aber nicht gesondert statistisch erfasst. Der Zentralverband schätzt ihren Umfang auf rund 25.000 Einheiten.

Ab 01.01.2020 wurde die Freigrenze nun auf 22.000 Euro angehoben. Aus Sicht des Zentralverbands ist das enttäuschend und ein falsches Signal. Der Zentralverband kritisiert, dass mit den steuerprivilegierten Mikrobetrieben eine massive und unfaire Konkurrenz entstanden ist. Diese Mikrobetriebe führen zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen vor allem zulasten der nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen und haben in der Folge unter anderem negative Auswirkungen auf die Ausbildungsleistung und eine qualitätsorientierte Fachkräfteentwicklung.

Fachkräftemangel immer noch ein Riesenproblem

Die problematische Entwicklung durch die wettbewerbsverzerrenden Mikrobetriebe führte in den vergangenen Jahren im Friseurhandwerk zu einem fortwährenden Abbau der Beschäftigung. Auch im Jahr 2019 setzte sich, mit einem Rückgang von 2,4 Prozent, dieser Trend fort. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im Jahr 2019 15.432 Friseurinnen und Friseure arbeitslos gemeldet. Dies entspricht einem leichten Anstieg von 0,05 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2018 =15.424).

In den westdeutschen Bundesländern nahm die branchenspezifische Arbeitslosigkeit 2019 um 0,5 Prozent ab, in den ostdeutschen Bundesländern stieg sie dagegen um 2,4 Prozent.

Die Bundesagentur für Arbeit erfasste 2019 durchschnittlich 5.814 als offen gemeldete Stellen im Friseurhandwerk. Das entspricht einem Rückgang von 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2018 = 6.139)

Rückgang der Ausbildungsverträge

Das Gesamthandwerk mit rund 369.000 Auszubildenden stellt den zweitgrößten Ausbildungsbereich Deutschlands dar. Im Friseurhandwerk haben laut Erhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) im Jahr 2019 9.483 junge Menschen eine Friseurausbildung begonnen. Das entspricht einer Verringerung von 6 Prozent, die Zahl ist damit erneut deutlich rückläufig.

Der stetige Rückgang der Neuverträge seit dem Jahr 2008 hat Spuren hinterlassen. Die Nachwuchsproblematik bleibt die größte Herausforderung für die Zukunft der Branche. Mit insgesamt 19.894 Auszubildenden im Jahr 2019 zählt das Friseurhandwerk aber dennoch weiter zu einer der ausbildungsstärksten Branchen in Deutschland. Trotz des demografischen Wandels und des Trends der Akademisierung bleibt der Friseurberuf für eine große Anzahl von Berufseinsteigern sehr beliebt.

Die Fortsetzung der progressiven Sozial- und Tarifpolitik ebenso wie die kontinuierliche Modernisierung des Berufsbilds mit neuen Karrieremöglichkeiten sind unumgänglich, um künftig wieder mehr Nachwuchs für die Friseurbranche gewinnen zu können.

Weniger Ausbildungsbetriebe

Ursache des Negativtrends ist aber auch, dass Betriebe ihre Ausbildungsaktivitäten zunehmend reduzieren oder sich vollständig aus dem Ausbildungsbereich zurückziehen. Staatliche Eingriffe in die Tarifautonomie verstärken diese Effekte.

Dennoch: Vor allem auf junge Frauen übt der Friseurberuf weiterhin eine hohe Anziehungskraft aus. So rangiert der Friseurberuf bei den weiblichen Auszubildenden mit 6.858 neu abgeschlossenen Verträgen 2019 unverändert auf Platz 7 der Liste aller Ausbildungsberufe. Gleichwohl ist hervorzuheben, dass der Anteil der männlichen Auszubildenden im Friseurhandwerk stetig wächst. Der Vorjahrestrend, bei dem sich immer mehr Männer für den Friseurberuf entschieden, hält somit an. Waren es 2018 bereits 2.535 Neuverträge männlicher Auszubildender, sind es 2019 schon 2.625. Der Anstieg von 3,6 Prozent innerhalb von einem Jahr verdeutlicht, dass die Themen Beauty und Haarpflege auch für Männer eine wichtige Rolle spielen.

Insgesamt rangiert der Friseurberuf, laut Erhebungen des BIBB und gemessen an der Zahl der Neuverträge, trotz des skizzierten Rückgangs weiterhin auf Platz 14 der beliebtesten Ausbildungsberufe.

Mit einer modernen Tarif- und Sozialpolitik wird der ZV die Attraktivität des Friseurberufs weiter stärken. Zudem plant er, mit dem Projekt „Ausbildung for Future“ die Ausbildungsaktivität der Betriebe zu unterstützen. Selbiges begleitet und hilft Ausbildern während der 3-jährigen Ausbildung mithilfe von 36 Tools für jeden Monat intensiv bei der Durchführung der Ausbildung.

Die Ausbildung wird hierbei als Markenkern des Friseurhandwerks in den Fokus gerückt, zugleich wird auf die Nöte der Ausbilder eingegangen. Mit dem Ziel der Verbesserung von Qualität und Kommunikation der Friseurausbildung.

Prognose

Von unserer augenblicklichen Krisenphase, welche die deutsche Wirtschaft über das Jahr 2020 hinaus stark erschüttern wird, bleibt auch das Friseurhandwerk nicht unberührt, obwohl die Covid-19-Pandemie für alle Friseure verdeutlicht, dass ihre Dienstleistungen und Services für die Menschen überaus wichtig und in gewisser Weise, nämlich für das soziale Miteinander, systemrelevant sind.

Die Rezession wird sie, wenn auch später als andere Handwerke, gleichwohl treffen. Denn die privaten Konsumausgaben und damit die Bereitschaft der Kunden, Geld für Haare und Aussehen auszugeben, werden deutlich sinken.

Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks, der sich – in einer Gemeinschaftsleistung mit den Landesinnungsverbänden und den Handwerksorganisationen – mit seiner konsequenten Lobbyarbeit und als funktionierende politische Interessensvertretung für das Friseurhandwerk – vor, während und nach des Shutdowns als verlässlicher Krisenmanager erwies, wird alles dafür tun, um den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Friseurhandwerk auch weiterhin entgegenzuwirken.

www.friseurhandwerk.de

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