Ein Bein, kein Hindernis! Stark, stärker, Hasan.
Hasan Aslans langgehegter Traum ist ein eigener Salon! Doch nach einem verheerenden Motoradunfall verliert der Aalener Friseurmeister sein rechtes Bein. Mit Mut und eisernem Willen kämpft er sich zurück ins Leben – und eröffnet trotz Prothese einen erfolgreichen Laden. Über den harten Weg zurück ins pralle Leben erzählt Hasan FMFM-Autorin Nadine Schwarz.
Es ist der Tag, an dem Hasan Aslans Zukunftstraum von der Eröffnung eines eigenen Salons wie eine Seifenblase zu zerplatzen scheint: Am 4. April 2021, Ostersonntag herrscht strahlender Sonnenschein, und der damals 27-jährige Friseurmeister bricht mit zwei Kumpels zu einem Motorradausflug nach Heidenheim auf. Bei einer scharfen Bremsung passiert es – Hasan wird vom Motorrad geschleudert, prallt gegen einen Laternenmasten. Schmerzen, Schreie, panische Menschen. Hasan blickt zu seinen Händen, sie scheinen in Ordnung zu sein. Sein rechtes Bein hingegen hatte es bei dem Aufprall direkt abgetrennt. Es folgen eine 18-stündige Operation und künstliches Koma. Aufgeben? Keine Option für Hasan. Zuhause warten seine Frau und sein einjähriger Sohn auf ihn, außerdem seine Mutter, die erst 2018 den Tod des Ehemannes verkraften musste. Die Frage allerdings: Wie soll es nun im wahrsten Sinne des Wortes weitergehen?
Aufgeben? Keine Option!
Bereits in der Klinik beginnt Hasan fleißig zu trainieren, darauf folgt ein intensives Reha-Training, die Angewöhnung an eine Beinprothese. Erst einen Monat vor seinem Unfall hatte Hasan seinen Meistertitel erlangt, wollte sich mit einem mobilen Friseur selbstständig machen. Das alles ist nun in der Schwebe. Hasan ist froh, dass seine Hände unverletzt sind: „Meine größte Angst war und ist es noch, auf Hilfe angewiesen zu sein. Mit nur einem Bein komme ich heute gut zurecht. Wären meine Hände betroffen gewesen, hätte ich das mental nicht gut verkraftet.“
Doch wie soll die Zukunft nun aussehen, schließlich hatte der Friseurmeister ganz andere Pläne gehabt. Der Arzt und auch die Arbeitsvermittlung schließen den Friseurberuf aus, irgendetwas ruhiges im Sitzen solle er machen. Wie wäre es mit Pförtner oder an einer Maschine? Dass das künftig sein Weg sein soll, schließt Hasan für sich aus. „Ich brauche den menschlichen Kontakt und das Kreative.“
Liebe auf den zweiten Blick
Dabei war der Friseurberuf nicht von Anfang an sein Traumjob. Als Jugendlicher schnupperte er in verschiede Praktika rein, beim Friseur blieb er hängen. Sein Chef erkannte Hasans Potenzial und bot ihm einen Ausbildungsplatz an mit der er 2009 startete. Er ist fleißig, wissbegierig, übernimmt nach der Ausbildung die Verantwortung für einen Barbersalon. Doch 2017 hat Hasan genug, er wechselt zu seinem Vater in die Gastronomie. Doch der Friseurberuf lässt ihn nicht los. Er will wieder zurück und als sein eigener Chef unabhängig sein. Noch während Corona beginnt er mit der Meisterausbildung und zieht sie in fünf Monaten durch. Doch dann kommt mit dem Motorradunfall alles anders: „Das hat dann alles ein bisschen gebremst.“ Ja, der heute 30-Jährige beweist bei der Erzählung von seinem Schicksal durchaus Humor. Letztendlich aber will er es allen beweisen.
Nach vier Monaten steht er wieder hinterm Stuhl, er darf bei Kollegen im Salon trainieren. Es ist anstrengend, es dauert, aber es funktioniert. Und das zunehmend besser! Der Traum von der Selbstständigkeit flammt wieder auf. Da Hasan nun nicht mehr so mobil ist, soll es auch kein mobiler Friseur mehr werden. „Ich wollte mit einem Salon ein festes Standbein aufbauen, wo ich Angestellte habe und feste Einnahmen. Ein Laden, der auch ohne mich läuft, falls ich ausfalle.“ Und auch hier geht Hasan nicht den leichten Weg. Er plant seinen Traumsalon, erstellt sein eigenes Konzept mit integrierter Bar – besorgt sich eine Schanklizenz durch entsprechende Schulungen – und lässt sich seine Vorstellungen von den entsprechenden Handwerkern genau umsetzen. Ohne die Unterstützung seiner Frau Andrea undenkbar: „Sie unterstützt mich jeden Tag und hält mir den Rücken frei.“
Ein Traum wird wahr
Und so eröffnet Hasan vor fast genau einem Jahr, am 2. November, seinen Salon „Meisterklasse“ im Proviantamt in Aalen. Das Feedback, auch der zunächst Voreingenommenen, ist durchweg positiv. Der Salon ist gut frequentiert. Mit drei Angestellten, einer Azubine und Andrea, die sich um Marketing und Buchhaltung kümmert, rockt er den Laden – und das übrigens nur stehend. Das Barkonzept bildet dabei einen weiteren Höhepunkt. Hier treffen sich Frauen- und Männergruppen, um ihre Haare gemacht zu bekommen und dabei Bar-Feeling zu genießen, regelmäßig auch Freitagabends. Der mittlerweile zweifache Familienvater geht bei der Erzählung über seinen Weg förmlich auf. Ob er nicht manchmal denkt, dass er sich übernommen hat, wollen wir zum Schluss wissen: „Absolut nicht. Das war die beste Entscheidung überhaupt. Natürlich drückt auch mal – in meinem Fall – der Stumpf, aber es wird trotzdem durchgezogen. Und alle Zweifler habe ich eines Besseren belehrt.“ Was für ein beeindruckender Weg!