„Gute Führung beginnt mit Selbstfürsorge“

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Corina Beha
Niki Madunovic ist eine der bekanntesten Vertreterinnen der neuen erfolgreichen Generation der Female Leaders. Im Interview spricht sie über ihre Werte, Herausforderungen und Zukunftsvisionen.
Corina Beha
Niki Madunovic ist eine der bekanntesten Vertreterinnen der neuen erfolgreichen Generation der Female Leaders. Im Interview spricht sie über ihre Werte, Herausforderungen und Zukunftsvisionen.

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Niki Madunovic und ihr Beauty Concept Store "Haarkunst" in Nagold sind in der Branche in aller Munde. Erst kürzlich wurde ihr Unternehmen als Deutschlands bester Salon in der Kategorie Design ausgezeichnet, sie steht als viel beachtete Speakerin auf der Bühne und wo sie mit ihren Mitarbeiterinnen auftaucht, geht von diesem jungen Team eine auffällige Harmonie und freundschaftliche Verbundenheit aus. FMFM-Autorin Daniela Hamburger hat mit Niki im sehr persönlichen Interview über Kredite, Onboarding und Filialenschließung ebenso gesprochen wie über Familie, Ängste, Herausforderungen und Auszeiten.

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Liebe Niki, Du bist mit Deinem Beauty Concept Store „Haarkunst Niki Madunovic“ unglaublich erfolgreich – was macht Dein Unternehmenskonzept aus?

Ich glaube, was unser Konzept so besonders macht, ist die Kombination aus stilvollem, mediterran inspiriertem Interior Design, einem ganzheitlichen Beauty-Ansatz und einer großen Portion herzlicher, authentischer Gastfreundschaft. Auch mein moderner Führungsstil, an dem ich in den letzten Jahren intensiv gearbeitet habe, trägt spürbar zum Wohlbefinden unseres Teams bei und genau das spüren auch unsere Kund:innen. Zumindest bekommen wir dieses Feedback regelmäßig und mit viel Wertschätzung zurück. Seit ich mich selbstständig gemacht habe, ist da ein Leitsatz, der mich und mittlerweile auch mein Team jeden Tag begleitet: „Wer aufhört, besser zu werden, hört auf, gut zu sein.“ Deshalb bleiben wir niemals stehen, wir wachsen, lernen und entwickeln uns mit jedem Tag weiter. Über die letzten zwölf Jahre durften wir einen großen, treuen Kundenstamm aufbauen, der genau das schätzt: Dass wir mit der Zeit gehen, uns kontinuierlich weiterbilden, unser Handwerk mit Leidenschaft leben und jeden Tag aufs Neue unser Bestes geben, fachlich wie menschlich. Und mit menschlich meine ich vor allem eins: einen authentisch liebevollen Umgang mit unseren Kund:innen. Ein Besuch bei uns soll sich wie ein kleiner Kurzurlaub anfühlen und ich glaube, das gelingt uns bei den meisten auch ganz gut.

In Deinem Salon bietet Ihr auch Mode und Accessoires an. Wie ist es dazu gekommen und wie wählst Du Dein Portfolio aus?

Ich hatte schon immer eine große Leidenschaft für Fashion und Accessoires, für mich die perfekte Ergänzung zu unseren klassischen Friseurdienstleistungen. So können unsere Kund:innen ihren Look direkt bei uns mit trendigen It-Pieces abrunden. Bei der Wahl der neuen Räumlichkeiten habe ich darauf geachtet, genügend Fläche zu haben, um die Idee von einem Concept Store umzusetzen, in dem wir die ausgewählten Produkte stilvoll präsentieren können. Unterstützt werde ich dabei von einer Mitarbeiterin, die ursprünglich aus der Modebranche kommt und mich mit ihrem Wissen und Gespür bei der Auswahl der Teile berät. Im Fashionbereich kooperieren wir mit einem Modehaus aus der Nachbarschaft. Für Accessoires lassen wir uns von Social Media inspirieren und bauen aktiv B2B-Partnerschaften mit spannenden Shops auf.

„Kund:innen sind König:innen, Mitarbeiterinnen Kaiserinnen“

Nicht nur dieses Konzept und das Design sind auffallend gut bei Euch, auch Euer Auftreten als Team ist ein Hingucker. Ihr wirkt unglaublich harmonisch und motiviert. Wie viele Mitarbeiter:innen hast Du und worauf kommt es Dir bei Deinem Team besonders an?

Meine Mitarbeiterinnen sind mein höchstes Gut. Ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Jede einzelne bringt ihre Persönlichkeit und ganz eigene, besondere Qualitäten in den Salon ein – und genau das macht „Haarkunst“ zu einem so einzigartigen, lebendigen und wundervollen Ort. Ich sage immer: Meine Kund:innen sind für mich König:innen und meine Mitarbeiterinnen Kaiserinnen. Denn nur wenn es meinem Team gut geht, können sie mit voller Energie im Salon unsere Kund:innen wirklich glücklich machen und begeistern. Mir ist absolut bewusst, dass ich durch meine Art zu führen nicht nur ihre Karrieren beeinflusse, sondern oft auch ihr ganzes Leben. Wir verstehen uns als „Arbeitsfamilie“ – und in dieser Familie zählen für mich Werte wie Loyalität, Respekt, Wertschätzung und Verlässlichkeit. Ich versuche jeden Tag, ein gutes Vorbild und eine verlässliche Bezugsperson zu sein, mehr Mentorin als Chefin. Derzeit habe ich 14 Mitarbeiterinnen. Bei der Auswahl neuer  Teammitglieder lege ich großen Wert auf genau diese Werte. Ich spreche im Bewerbungsprozess bewusst viel mit den Kandidat:innen über Haltung, Teamgeist und gegenseitige Erwartungen – denn nur so entsteht echte Harmonie. Vielleicht wirkt unser Team deshalb so „haarmonisch“ – weil uns allen ähnliche Dinge im Miteinander wirklich wichtig sind.

Female Leadership: Führen mit emotionaler Intelligenz, Empathie & Intuition

Bleiben wir bei Deinem persönlichen Führungsstil: Auch als Speakerin ist Female Leadership eines Deiner Hauptthemen. Was bedeutet weibliches Führen für Dich?

Female Leadership bedeutet für mich: Führen mit emotionaler Intelligenz, Empathie und Intuition. Diese Fähigkeiten sind für mich echte Superkräfte – sie stecken in jeder Person. Man muss sie nur erkennen und lernen, sie gezielt und bewusst einzusetzen. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen – und vor allem menschlich angenehmen – Führung liegt für mich immer zuerst bei einem selbst. Bevor ich andere führen kann, muss ich lernen, mich selbst zu führen. Und vor allem: mich selbst erst einmal wirklich zu verstehen. Unsere Persönlichkeit ist komplex – und genau darin liegt die Herausforderung: Sie will erkannt, verstanden und reflektiert werden. Das beginnt mit Selbstreflexion und vor allem mit Selbstfürsorge. Denn wenn ich mich nicht um mich selbst kümmern kann, wie soll ich mich dann um andere kümmern? Nur wenn es mir gut geht und ich ausreichend Energie habe, kann ich diese Energie an mein Team weitergeben – auf eine Weise, die nachhaltig, gesund und inspirierend wirkt. Also vereinfacht gesagt: Führung mit Herz und Verstand.

Du bildest auch selbst aus. Was ist Dir dabei besonders wichtig und wie gewinnst Du Azubis?

Mir ist es besonders wichtig, dass unsere Auszubildenden von Anfang an als vollwertige Teammitglieder integriert werden und ihren festen Platz auf Augenhöhe bekommen. Wir bilden seit Beginn an aus und haben unser Ausbildungskonzept über die Jahre immer weiterentwickelt – und tun das auch heute noch. Zwar gibt es bei uns einen klaren Rahmen, aber wir passen ihn individuell an die jeweilige Auszubildende an. Denn jede bringt unterschiedliche Stärken, Interessen und Lernbedürfnisse mit – und genau darauf möchten wir eingehen. Besonders großen Wert legen wir auf eine intensive und wertschätzende Onboarding-Phase zu Beginn der Ausbildung. Unsere Azubis arbeiten von Tag 1 an aktiv mit am Kunden/der Kundin – und wir haben festgestellt, dass gerade diese erste Zeit das Fundament für die gesamte Ausbildungszeit legt. In den letzten Jahren haben wir fast ausschließlich Bewerbungen über Social Media erhalten. Wir geben unserer Community dort regelmäßig ehrliche Einblicke hinter die Kulissen und zeigen uns so, wie wir sind: echt, nahbar, humorvoll – und mit viel Leidenschaft für das, was wir tun. Ich denke, das spricht besonders die junge Generation an. Sie fühlt sich von unserer offenen Teamatmosphäre und natürlich auch von den schönen Ergebnissen, die wir täglich zeigen, angezogen.

Spezialistinnen für Balayage

Vor allem im Bereich Balayage zeigt Ihr diese Wow-Ergebnisse. Darin seid Ihr absolute Spezialistinnen, arbeitet nach Eurer eigenen Technik und du gibst auch Seminare für Berufskolleg*innen dazu. Wie hast Du Dir selbst die Skills dafür angeeignet?

Ich LIEBE Balayage – ich trage den Look selbst seit Jahren und bin schon ganz zu Beginn meiner Selbstständigkeit, also vor über zwölf Jahren, mit dem „Balayage-Vorboten“ Ombre gestartet. Seitdem haben wir unzählige Seminare besucht, Techniken getestet und uns kontinuierlich weiterentwickelt. Aus dieser Mischung verschiedenster Ansätze ist im Laufe der Jahre unsere eigene „Haarkunst“-Technik entstanden – speziell abgestimmt auf die Bedürfnisse des Salonalltags. Unser Ziel war (und ist) es immer, noch weichere Farbverläufe zu erzielen, die Haltbarkeit und Schonung des Haares zu optimieren und die Technik so zu gestalten, dass sie für alle im Team leicht erlernbar und effizient im Tagesgeschäft umsetzbar ist. Und auch heute ist unsere Reise noch lange nicht zu Ende: Balayage entwickelt sich ständig weiter – und mit ihr entwickeln wir uns weiter. Es macht mir große Freude, meine Erfahrungen in Seminaren weiterzugeben und Kolleg:innen eine Technik an die Hand zu geben, die nicht nur den Salonalltag erleichtert, sondern auch Kund:innen nachhaltig begeistert.

Kommen wir zu Dir persönlich, Niki. Wie sieht Dein Werdegang aus? Warum bist Du Friseurin geworden?

Als jüngste von vier Schwestern – in einem Zuhause, in dem es immer auch um Beauty ging – war ich schon als Kind eine kleine „Beauty Queen“. Ich habe meinen Barbies die Haare geschnitten und ihre Gesichter mit Filzstiften bemalt. Einmal im Jahr ging es in Kroatien zum Friseur – ein echtes Highlight für mich. Noch mehr geliebt habe ich allerdings unsere regelmäßigen Beauty-Nachmittage in der Küche: meine Mama, meine Schwestern und ich, umgeben von Lockenwicklern, elektrischen Wärmehauben, viel zu grellem Lippenstift und ägyptischer Erde für den perfekten Glow. Die Atmosphäre war einfach magisch – und ich habe es geliebt, Menschen ein kleines bisschen schöner zu machen.

Neunmonatige Auszeit markiert den Wandel von der Selbstständigen zur Unternehmerin

Wo hast Du gelernt und was waren weitere Meilensteine?

Spätestens nach einem Praktikum in der 8. Klasse wusste ich: Ich werde Friseurin. Anfangs mit dem Plan, im Anschluss eine Ausbildung zur Maskenbildnerin zu machen. Nach meinem Realschulabschluss mit 16 begann ich direkt meine Ausbildung bei Coco Hairdesign in Freudenstadt. Ich hatte das große Glück, eine tolle Ausbildung zugenießen, durfte mehrfach an den Landesmeisterschaften teilnehmen und konnte dort auch einige Preise gewinnen. Ich schloss 2011 meine Lehre als Innungsbeste ab und machte im Anschluss meinen Meister in Mannheim.

Danach arbeitete ich zunächst als Salonleitung in meinem Ausbildungsbetrieb – doch der Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen, wurde immer stärker.

Im März 2013 war es dann so weit und ich gründete „Haarkunst“. Von Anfang an lief es richtig gut. Ich startete mit einer Friseurin, einer Auszubildenden, die heute meine rechte Hand und Salonleitung ist, und mit meiner Schwester, die mich noch heute im Backoffice unterstützt. Wir waren durchgehend ausgebucht, manchmal sogar mit Neukundenstopp. Das Team wuchs, der Kundenstamm wuchs und mit ihnen auch ich. In all den Jahren gab es viele Meilensteine, kleine und große Erfolgserlebnisse, aber natürlich auch Herausforderungen.

Ein besonderer Wendepunkt war meine neunmonatige Auszeit im Jahr 2022, die ich bewusst als Inspirationsreise genutzt habe. Diese Zeit hat nicht nur mir neue Energie geschenkt, sondern auch meinem Unternehmen. Ich habe mich in dieser Phase weiterentwickelt – von der Selbstständigen zur Unternehmerin. Ich habe neue Strukturen geschaffen, die so befreiend waren und gleichzeitig neue Türen geöffnet haben – für mich, mein Team und den Salon.

Familie: „Treueste Supporter und ehrlichste Kritiker“

Ist es richtig, dass Deine Familie zunächst gar nicht begeistert davon war, dass Du Dich selbstständig gemacht hast?

Ja, das stimmt. Fun Fact: Mein Papa hat zwei Wochen lang nicht mehr mit mir gesprochen, nachdem ich ihm erzählt habe, dass ich zwar eine Zusage fürs Wirtschaftsgymnasium bekommen habe – sie aber nicht annehmen werde, weil ich eine Friseurausbildung machen möchte. Heute können wir beide darüber lachen.

Warum war Dein Vater denn so gegen die Friseurlaufbahn?

Meine Eltern sind in den 70er Jahren als kroatische Gastarbeiter nach Deutschland gekommen. Ohne Schulabschluss, aber mit viel Mut und Arbeitswillen haben sie ihr Leben lang körperlich hart gearbeitet. Ihr größter Wunsch war immer, dass ihre Töchter es einmal leichter haben und einen „richtigen“ Beruf ausüben – und der Friseurberuf gehörte in ihren Augen nicht dazu. Auch in Kroatien hatte dieser Beruf leider keinen besonders guten Ruf. Aber als sie gesehen haben, wie sehr mich dieser Beruf erfüllt – und wie gut ich darin bin, standen sie komplett hinter mir und haben mich bedingungslos unterstützt. Als dann mein Wunsch zur Selbstständigkeit kam, waren sie erneut skeptisch, vor allem, weil ich noch so jung war – 20 Jahre alt. Sie hatten Angst, dass ich mich übernehme. Meine Eltern sind nicht besonders risikofreudig, und dass ich damals einen Kredit über 40.000 € aufgenommen habe, hat ihnen ziemlich Bauchschmerzen bereitet.

Und trotzdem: Mein Vater hat meinen gesamten ersten Salon eigenhändig, mit mir und meiner Familie umgebaut. In nur drei Monaten haben wir mit viel Eigenleistung meine kleine Oase erschaffen. Meine Familie ist mein größter Rückhalt. Sie sind meine treuesten Supporter und gleichzeitig meine ehrlichsten Kritiker. Sie haben mich aufgefangen, wenn es schwer war, und jeden noch so kleinen Erfolg mit mir gefeiert. Viele der Werte, die heute mein Denken, Handeln und auch meine Unternehmensphilosophie prägen, habe ich von ihnen: Loyalität. Zusammenhalt. Liebe. Fleiß. Der Glaube daran, dass ehrliche Arbeit sich auszahlt – früher oder später. Dass man alles, was man tut, mit Herz und Hingabe tun sollte. Und diese herzliche, liebevolle Gastfreundschaft, die so viele in meinem Salon spüren, die habe ich ganz klar meiner Familie zu verdanken.

„Social Media zeigt nur die erfolgreiche Seite der Selbstständigkeit, nicht die schlaflosen Nächte“

Als Gründerin sehen sich viele plötzlich mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert: Business-Pläne, Bankgespräche, Kredite, Steuern… Vor allem Frauen schrecken vor diesen Themen leider immer noch zurück. Wie hast Du das auf Deinem Weg in die Selbstständigkeit erlebt und was kannst Du aus Deiner Erfahrung Kolleginnen raten?

Es gab definitiv Phasen, in denen ich am liebsten alles hingeschmissen hätte. Phasen, in denen mich unternehmerische Themen wie Zahlen, Daten, Fakten, Mitarbeiterführung und auch die ein oder andere herausfordernde Kundensituation an meine Grenzen gebracht haben. Manchmal hat es sich so angefühlt als ob ich ein Imperium leiten muss und keinen kleinen Friseursalon. Aber heute weiß ich: Diese Phasen gehören dazu und sind vollkommen normal. Ich habe mich mit etlichen Unternehmer:innen ausgetauscht und es geht allen gleich. Rückblickend waren es genau diese Momente, in denen ich über mich hinausgewachsen bin. Jede Herausforderung hatte eine Botschaft für mich, sie wollte mich etwas lehren. Was mir dabei wichtig ist: Selbstständigkeit wird in den sozialen Medien oft einseitig dargestellt. Da sieht man meist nur die Erfolge, den schönen Salon, die tollen Projekte – aber nicht die schlaflosen Nächte, die Zahlen oder die Personalgespräche, die einem den Atem rauben.

Was ich raten kann, ist: Man muss nicht alles können. Wichtig ist, sich seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden – und ehrlich damit umzugehen. Themen wie Buchhaltung, Steuern oder Organisation kann man (zumindest teilweise) auslagern. Nicht zu 100 %, das ist klar – aber genug, um sich auf das zu konzentrieren, was einem liegt. Aus diesem Grund ist seit Beginn der Selbständigkeit meine Schwester für diesen Bereich zuständig. Diese Aufteilung verschaffte mir mehr Raum und Zeit für die fachlichen und kreativen Themen. Also auch hier ist Selbstreflektion und Selbstführsorge das A und O.

Habt keine Angst vor den Herausforderungen – jede Situation hat mindestens zwei Seiten und Ihr sucht aus, auf welcher Ihr steht. Akzeptiert, dass der Schreibtisch niemals leer sein wird. Dass es nie ganz „vollkommen“ ist. Als Unternehmer:in – vor allem mit Team – arbeitest du mit Menschen. Und wo Menschen sind, sind Emotionen, Dynamiken, Veränderungen. Und das ist gut so. Denn Leben bedeutet Bewegung. Und Stillstand ist Rückschritt. Einfacher wird’s nicht – aber leichter wird’s, wenn man den Blickwinkel verändert.

„Perfekte Balance ist ein Mythos“

Du sprichst von Herausforderungen – was sind für Dich die größten bei der Unternehmensführung und wie gehst Du sie an?

Für mich ist die größte Herausforderung aktuell, die Balance zu finden oder besser gesagt: sie immer wieder neu herzustellen. Denn ich habe gelernt: Die perfekte Balance gibt es nicht. Sie ist ein Mythos. Aber ich bin dennoch ständig auf der Suche nach einem guten Gleichgewicht zwischen Führung, Kreativität, Organisation, Team, Privatleben und Selbstfürsorge. Ich glaube, das ist eine Lebensaufgabe, ein ständiges Nachjustieren. Damit es nicht zu stark in die eine oder andere Richtung kippt, helfen mir vor allem Pausen, Ruhe und Zeit in der Natur. Das bringt Klarheit in meinen Kopf, fördert meine Kreativität und macht mich gelassener im Alltag.

Die zweite große Herausforderung ist für mich die Mitarbeitergewinnung – vor allem bei ausgelernten Friseur:innen. Wir bilden seit zwölf Jahren kontinuierlich aus, doch wie in jedem Unternehmen gibt es auch bei uns Teamveränderungen. Und gerade erfahrene Fachkräfte zu finden, ist heute schwieriger denn je. Mein Ansatz: sichtbar sein. Ich setze stark auf Social Media, um zu zeigen, wer wir sind, wie wir arbeiten und was uns als Team und Arbeitgeber ausmacht. Wir geben ehrliche Einblicke in unseren Salonalltag – und ziehen so genau die Menschen an, die wirklich zu uns passen. Gleichzeitig investiere ich kontinuierlich in mein bestehendes Team, Weiterbildungen, Kommunikation, bessere Arbeitsbedingungen und in ein Umfeld, das inspiriert, motiviert und in dem man gerne bleibt.

„Die Filialschließung war eine der stärksten Entscheidungen in meiner Selbstständigkeit“

Neben Deinem Beauty Concept Store in Nagold hattest Du bis letztes Jahr auch eine „Haarkunst“-Filiale in Freudenstadt. Warum hast Du diese aufgegeben und empfindest Du die Schließung als Scheitern?

Ich habe im Jahr 2023 unseren zweiten Standort in Nagold eröffnet, weil der Salon in Freudenstadt schlicht zu klein geworden war. Wir hatten dort keine Kapazitäten mehr – weder für neue Kund:innen noch für weitere Teammitglieder.

Doch nach der Eröffnung des neuen Salons in Nagold hat sich personell einiges verändert: Zwei langjährige Mitarbeiterinnen haben sich selbstständig gemacht, andere hatten persönliche Veränderungen, und plötzlich standen wir mit zu wenig Team für zwei gut laufende Standorte da, bei weiterhin hoher Kundennachfrage. Die Suche nach neuen Fachkräften gestaltete sich zu dieser Zeit extrem schwierig. Hinzu kamen Probleme mit dem Vermieter der Freudenstädter Filiale: Er war nicht bereit, in den zum Teil renovierungsbedürftigen Salon zu investieren, wollte aber gleichzeitig die Miete drastisch erhöhen und nur noch sehr kurze Vertragslaufzeiten anbieten.

Und dann muss ich ganz ehrlich sagen: Die Führung von zwei Standorten war deutlich anspruchsvoller, als ich es mir vorgestellt hatte. Es fiel mir schwer, an beiden Orten gleichermaßen präsent zu sein – und vor allem die „Haarkunst“-Philosophie mit derselben Intensität zu leben und weiterzugeben.

Nach vielen Gesprächen mit meiner Familie, meinem Partner, Freund:innen, meinem Steuerberater – und nicht zuletzt: nach einer Alpenüberquerung zu Fuß – habe ich die Entscheidung getroffen, die Filiale in Freudenstadt zu schließen.

Die rationale Antwort kannte ich eigentlich schon sehr früh. Aber emotional war ich lange hin- und hergerissen. Ich hatte Angst. Nicht vor der wirtschaftlichen Entscheidung, sondern vor dem, was andere denken könnten. „Was sagen die Leute?“ – Das war der letzte Knoten, den ich lösen musste. Denn anfangs fühlte es sich tatsächlich wie ein Scheitern an. Fast so, als würde ich mein „Baby“ aufgeben, nur weil es mal nicht leicht läuft. Mein Steuerberater hat die Welt nicht mehr verstanden. Die Zahlen waren top und er riet mir davon ab. Aber heute weiß ich: Es war eine meiner mutigsten und stärksten Entscheidungen in den ganzen zwölf Jahren Selbstständigkeit. Ein klares JA zu mir selbst – und das kann niemals ein Scheitern sein. Und was andere denken oder sagen, liegt außerhalb meines Einflusses. Menschen reden immer. Aber die Meinung, die für mich zählt, ist die meiner Familie. Und die stand – wie immer – hinter mir. Sie wollten nur eins: Dass ich glücklich bin. Es war keine einfache Entscheidung, aber die richtige. Und rückblickend kam alles genau so, wie es kommen sollte.

Bewusster Umgang mit Angst

Du hast eben das Thema Angst angesprochen und kommunizierst auch auf Deinen Social Media Kanälen, dass dieses Gefühl Dir in Deinem Leben oft im Weg gestanden, Dich daran gehindert hat, Deine Träume zu leben. Wie ist heute Dein Verhältnis zur Angst? Wie schaffst Du es, sie zu überwinden?

Natürlich habe auch ich – wie jeder Mensch – hin und wieder Angst. Oder besser gesagt: Respekt vor bestimmten Situationen oder Entscheidungen. Heute weiß ich aber, dass Angst und Intuition oft miteinander verwechselt werden. Die laute Stimme der Angst will mich beschützen. Die leise Stimme der Intuition will mich ermutigen, meinen besten Weg zu gehen. Beides fühlt sich manchmal ähnlich an – aber sie führen an ganz unterschiedliche Orte. Deshalb versuche ich, das Gefühl bewusst zu beobachten, ihm einen Namen zu geben – manchmal auch eine Farbe oder eine Form. Ich spüre genau hin. Wo sitzt dieses Gefühl? Was will es mir sagen? Und meistens wird dann das dahinterliegende Thema klarer – und die vermeintliche Angst kleiner.

Wenn ich spüre, dass es wirklich Angst ist, dann versuche ich, ganz bewusst im Hier und Jetzt zu bleiben. Denn Angst lebt in der Zukunft – und die kann ich nicht kontrollieren. Das Einzige, was real ist, ist der jetzige Moment. Und wenn ich merke, dass es Intuition ist, diese stille, klare Stimme, dann versuche ich, meinen Kopf etwas leiser und mein Herz ein wenig lauter zu stellen. Das braucht Übung. Und Vertrauen. Aber je öfter ich es tue, desto leichter fällt es mir.

Wie sehen Deine Zukunftspläne aus? Wo möchtest Du mit Deinem Unternehmen hin, was sind die Themen auf Deiner Agenda?

Ich möchte mit „Haarkunst“ in Nagold weiter tiefe Wurzeln schlagen, unternehmerisch wie wirtschaftlich. Mein Fokus liegt weiterhin darauf, mehr Stabilität für das Unternehmen zu schaffen und gleichzeitig mehr Freiheit und Flexibilität für mein Team zu ermöglichen.

Im Fashion-Bereich ist es mein Ziel, noch gezielter besondere, hochwertige Mode aus Italien zu ordern.

Und für mich persönlich steht der Education-Bereich ganz oben auf der Agenda. Ich möchte mich als Speakerin und Mentorin weiterentwickeln, weil ich es liebe, Menschen zu inspirieren, zu motivieren und dadurch echte Veränderungen im Leben anderer anzustoßen.

Was ich definitiv nicht plane: einen weiteren Standort in den nächsten Jahren (lacht). Aber: Sag niemals nie… Vielleicht gibt’s irgendwann einmal einen kleinen „Haarkunst“-Salon in Kroatien am Meer – mit einem echten Olivenbaum im Innenhof. Wer weiß…

Liebe Niki, herzlichen Dank für dieses offene Interview und weiterhin viel Erfolg für Dich und Dein Unternehmen!

Niki Madunovic mit ihrem Team bei der Preisverleihung auf der Top Hair 2025.
Ausgezeichnetes Unternehmen: Niki Madunovic mit ihrem Team bei der Preisverleihung auf der Top Hair 2025. // Thomas Fedra