Schnelles Geld durch Schwarzarbeit. Bist Du nicht mehr wert?!

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Was sind wir uns wert? Stefanie Erich über die Krux der Schwarzarbeit
Foto: VIP Victor Ibrahim
Was sind wir uns wert? Stefanie Erich über die Krux der Schwarzarbeit

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Schwarzarbeit gehört zu den leidigsten Themen der Friseurszene. Kaum ein Wort hat mehr Explosionspotenzial, keines wird moralinsaurer gehandelt. Friseurunternehmerin Stefanie Ehrich kennt alle Gründe für und wider den schnellen Euro nebenbei. In ihrem Kommentar möchte sie einfach nur zum Nachdenken anregen. Ganz ohne Vorwurf, einfach so.

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„Wer kennt es nicht: das ewige Blabla der Leute über Schwarzarbeit, die alles besser wissen und ihre Kollegen schnell und schlau vorverurteilen. Ich selbst habe alle Etappen eines Friseurs zu diesem Thema erleben dürfen und kenne so gut wie jeden Grund dafür, in der Freizeit den schnellen Euro anzupeilen.

Warum arbeiten denn eigentlich so viele Friseure nebenbei schwarz? Wir müssen uns nichts vormachen: Niemandem macht es Spaß, sich in einem winzigen Bad mit schlechtem Licht den Rücken krumm zu machen. Da hängt man schon mal eingeklemmt über einer Dusche, um eine Farbe auszuspülen. Oder man lässt seine Freunde rücklings auf der Toilette sitzen. Ich glaube, wir alle können uns eine schönere Freizeit vorstellen. Nämlich zum Beispiel mit den Freunden unterwegs sein und das Leben genießen. Doch genau an diesem Punkt fängt das Dilemma für einige an: oft fehlt das Geld, um richtig feiern zu können. Deswegen machen viele von uns ihren Freunden lieber zu Hause die Haare. Stimmt’s?

Geld & Wertschätzung

Ok, wir sind uns auch einig, dass es erst mal toll ist, immer sofort das Geld in der Tasche zu haben. Als Friseur gibt’s nun mal nicht die Welt. Nicht umsonst gibt es so viele Mindestlohndebatten für diese Branche. Ich glaube aber, dass neben dem Geld die größte Motivation, im Homeoffice Haare zu machen, damit zusammenhängt, dass wir so schlecht NEIN sagen können. Friseure sind Wertschätzungsjunkies. Das Lächeln der Kunden, der Folgetermin, das Trinkgeld und die ganzen persönlichen Geschichten sind ein sicheres Zeichen dafür, dass der Kunde uns und unsere Dienstleistung mag. Dass er Vertrauen in uns hat und erst mal nur noch von UNSEREN Händen gestylt werden mag oder nur UNSEREN Rat gerade braucht. Die Frage nach unserer Meinung oder nach wertvollen Tipps lässt uns stolz sein. Wer sagt bei so viel Wertschätzung NEIN? Und überhaupt: Warum sollte es besser für dich als Friseur sein, auf Schwarzarbeit zu verzichten? Ich mag ein paar Dinge zu diesem Thema durchleuchten, die man vielleicht nicht immer auf Anhieb überdenkt.

Schnelles Geld = gutes Geld?

Bleiben wir beim ersten Punkt: Geld! Der Kreislauf ist ja folgender: Man macht privat Haare, weil man zu wenig verdient. Die kurzfristige Konsequenz ist Schwarzarbeit. Die langfristige Alternative wäre aus meiner Sicht persönliche Weiterentwicklung. Das Problem dafür liegt jedoch auf der Hand: Du kannst dich nicht wirklich weiterentwickeln, wenn du deine Energie weit über die täglichen 8 Stunden Arbeitszeit verpulverst. Warum? Weil der Geist und die Power nicht im tatsächlichen Job verankert sind. Dabei steckt genau hier das Potenzial, ein stärkerer Friseur zu werden! Hier hast du die Möglichkeit, mehr Know-how zu erlangen, kreativ arbeiten zu können und es gibt auch noch alle erforderlichen Materialen griffbereit. Hier wirst du viel öfter wertgeschätzt, als im heimischen Badezimmer. Wenn du es schaffst, deine Arbeitszeit effektiv, kreativ zu füllen und ein guter, beliebter Friseur zu werden, werden sich auch deine Möglichkeiten auf mehr Geld erhöhen. Gute Friseure verdienen immer gutes Geld. Wer zu wenig verdient, der darf auch gerne mal den Grund bei sich suchen. Wenn dein Chef dich nicht sieht, dann gibt es andere Chefs. Jeder hat immer die Wahl. Wir entscheiden auch selbst, wie viel wir verdienen möchten. Und wenn du zu wenig verdienst, frage dich, was du innerhalb deiner Arbeitszeit dafür tun kannst, um das zu bekommen, was du dir wünschst. Die Basis dafür jedoch ist, dass die Energie im tatsächlichen Geschäft bleibt! Jedes tolle Ereignis beginnt mit dem richtigen Gedanken. Ich bin überzeugt: Lass deinen Kopf im Geschäft, erhole dich privat gut und du wirst langfristig mehr verdienen.

Einseitige Hilfe

Der zweite Punkt, der viele Friseure zur Schwarzarbeit animiert ist, dass wir ja nur helfen wollen. Ja, jede Frau und jeder Mann kommt irgendwann auf die Idee, seine Haare schneiden zu wollen. Ganz viele Frauen kommen sogar auf die Idee, dass man Haare ja auch colorieren könnte. Und ja, alle diese Menschen brauchen Hilfe. Nur, weil Nachbarn oder Bekannte keine Kunden aus dem Geschäft sind, in dem Du arbeitest, sind sie aber Kunden aus anderen Geschäften. Und genau dort beginnt die Abwärtsspirale: Wenn jeder Friseur solche Menschen in seiner Freizeit schneiden oder färben würde, würden also auch dir im Salon potenzielle Kunden fehlen, mit denen du erfolgreich sein kannst. Außerdem fehlen genau dem Geschäft die Kunden, das seit Jahren dafür kämpft, dass du mehr Lohn bekommst, indem der Kunde mehr zahlt für seine Dienstleistung! Daher sind auch die Geschäfte in einer Zwickmühle, was angemessene Preis und Entlohnung angeht. Denn im Kampf um die Kunden und im Kampf um die Preisdiskussionen in unserer Branche ist für den Kunden jede Schwarzarbeit nur der Beweis dafür, dass die Dienstleistung nicht mehr wert sein darf. Hä? Wie jetzt? Nun ja, wenn Du zum Kunden nach Hause gehst, erwarten sie unausgesprochen, dass er oder sie weniger bezahlen als im Salon. Was ja für sich genommen schon skurril ist, weil es sich um einen extra „Heimservice“ handelt. Aber das ist ein anderes Thema. Wichtig für mich ist es, das Absurde der Schwarzarbeit zu zeigen: Wer schwarz arbeitet, bestimmt den Wert seiner Dienstleistung nach unten, obwohl man doch gerade darum kämpft, dass man mehr wert ist. Ist das nicht paradox?

Von Auf- und Abwertung

Bleiben uns noch die Wertschätzung und der Wunsch zu helfen. Eine Frage: Bekommst du wirklich die Wertschätzung, wenn Du im Tatort Badezimmer mitspielst? Oft genug fühlt man sich doch auch einfach nur noch auf den Beruf reduziert und hat nicht das Gefühl, dass Freunde sich wirklich für einen selbst interessieren. Meinst Du nicht auch, dass es sich sogar besser anfühlt, wenn Freunde und Bekannte wegen Dir anrufen und nicht wegen ihrer Haare? Außerdem meinst Du nicht auch, dass Du an Wertschätzung verlierst, wenn Du Dich unter deinem Wert verkaufst? Ganz viele Kunden denken, sie tun einem einen Gefallen, wenn wir was schwarz in die Hand bekommen. Aber ist nicht alleine der Gedanke des Kunden schon abwertend? Wollen wir wirklich so bemitleidenswert sein, dass man sich auch noch als Gönner fühlen darf, wenn wir für 20€ unsere Freizeit vergeuden?

Jeder von uns hat seine Gründe, wenn er oder sie schwarz arbeitet. Aber ich hoffe, dass ich genügend Gründe gegeben habe, zumindest mal drüber nachzudenken, ob wir uns nicht wirklich mehr wert sein sollten.“

 

Wer mehr über Stefanies Sicht auf die (Friseur-)Dinge erfahren möchte, kann ihren Podcast hören unter https://www.meersicht-friseur.com

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