„So sehen unsere Kundinnen 365 Tage im Jahr toll aus!“

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Foto: Victor Ibrahim
Beim Styling können Friseure mehr! Stefanie Ehrich gibt wertvolle Tipps
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Beim Styling können Friseure mehr! Stefanie Ehrich gibt wertvolle Tipps

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Liebt eine Kundin ihr Styling, verlässt sie mit einem giga Gefühl den Salon. Was aber ist an all den übrigen Tagen im Jahr? Die sind meist weit entfernt vom "Perfect-Hair-Day". "Wir Friseur*innen sollten unseren Gästen helfen, 365 Tage im Jahr toll auszusehen", ist Stefanie Ehrich, Friseurunternehmerin und FMFM Artistin überzeugt. In ihrer neuen Kolumne gibt sie Tipps, wie das tatsächlich gelingen kann.

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Mindestens 365 mal im Jahr schaut eine Frau in den Spiegel und sucht dabei nach dem Bild, das sie glücklich macht. Ja klar, es gibt auch Frauen, denen es egal ist, was sie da morgens sehen. Ich habe leider keine kluge Zahl, wie der hoch der Anteil dieser Frauen ist. Aber eins kann ich auch ohne Statistik sagen: es sind nicht viele! Dem gegenüber stehen unzählige Frauen mit eher eitlen Gefühlen. Sie selbst haben oft Problemhaare auf dem Kopf – in ihrem Kopf allerdings Zielbilder, genährt aus sämtlichen Medien, Partnern mit bestimmten Vorstellungen, wie es denn aussehen soll und Freundinnen mit perfekten Haaren. Der Wunschtraum unserer Kundinnen liegt also auf der Hand: Unsere Kundin möchte 365 mal im Jahr schöne Haare sehen. Leichter gesagt als getan.

Eine Frau geht in Deutschland rund sechsmal pro Jahr zum Friseur. Wenn wir also den Tag nach einem Friseurbesuch großzügig dazu zählen, dann haben wir 12 Perfect-hair-days. Fehlen nur noch läppische 353 Tage im Jahr, die weniger erfreulich ausfallen… Nun stellen sich mir zwei Fragen:

1. Sind diese erwähnten 12 Tage wirklich auch 12 Perfect-hair-days?

2. Und: Was ist mit den 353 Tagen vom Jahr, die übrig bleiben?

Wenn man sich die emotionale Reise einer Kundin während ihres Friseurbesuchs in Deutschland anschaut, dann gleicht die Gefühlswelt einer Sinuskurve. Beratung und Haarschnitt sind dabei der besorgniserregende Tiefpunkt eines Friseurbesuchs. Gleich gefolgt von Haarstyling und Kundenempfang. Jetzt wissen wir alle natürlich, wie in so vielen Salons eine eintretende Kundin mehr oder weniger nebenbei begrüßt und empfangen wird. Wir alle lachen in den lustigen Friseurrunden über klassische Friseurfloskeln. „Hallo Frau Müller, setz dich doch schon mal ins Waschbecken. Ich komm dann auch gleich.“

Ich hoffe für Frau Müller sehr, dass ihr anschließendes Haarstyling emotional mehr wert sein wird als diese Begrüßung. Allerdings sprechen Umfrageergebnisse zur Kundenzufriedenheit eine andere Sprache. Diese Werte liegen nämlich weit unter den Hoffnungen der Kunden! Den Erwartungshaltungen der Kunden an Styling werden wir alle demnach in den meisten Fällen nicht gerecht. Wonach dann wohl auch die 12 Perfect-hair-days vom Tisch wären. Klar können wir Friseure großartige Stylings! Auf jeden Fall geben wir uns immer richtig viel Mühe. Gerade beim Haarstyling drehen wir gerne mal so richtig auf und zeigen, was wir alles Schönes können. Zeit für Kreativität und Variation. Jedenfalls dann, wenn kein irrer Zeitdruck herrscht. Und doch: Meist erkennt man am Styling, welche Kundin bei welchem Friseur war. Oder? Wie ein roter Faden zieht sich manchmal die jeweilige Vorliebe eines Künstlers wie ein roter Faden durch die Terminbücher. So kann es schon mal vorkommen, dass gefühlt tagelang alle Kunden die gleichen Waves bekommen, weil wir die gerade sehr lieben.

Muss dieses Finish, die letzte Dienstleistung am Kunden, die einen solch starken emotionalen Wert und ein solches Bindungspotenzial hat, nicht viel, viel individueller und maßgeschneiderter ausfallen? Wenn du skeptisch bist, empfehle ich dir eine anonyme Umfrage bei deinen Kunden mit der Frage, wer von ihnen sich schon einmal nach einem Friseurbesuch bei dir sofort die Haare gewaschen hat. Jedes einzelne JA einer Kundin hinterlässt zwar einen Stich im Herzen, aber es zeigt auch, dass dieses „Vorbeifrisieren am Kundenwunsch“ uns allen passieren kann. Reklamationen tun uns Friseuren immer so weh, weil wir unsere Arbeit schön finden. Nur ist unser „Schön“ nicht auch gleich das „Schön“ unserer Gäste. Die Zielbilder in den Köpfen sind so vielfältig wie die Antworten bei Google-Bildern.

Wie also landen wir wirkliche Treffer bei unseren Kunden? Wie begeistern wir sie? Für ein „Match“ benötigen wir eine kluge, gezielte Beratung. Und eine liebevolle Umsetzung der Dienstleistung, die auf drei Säulen gestützt ist: Emotion, Umgebung und Service.

Emotion: Was soll meine Kundin während des Besuches und danach fühlen und erleben?

Umgebung: Gebe ich der Dienstleistung den Raum, die Zeit und die Wertschätzung? Habe ich das Werkzeug, die Hilfsmittel und Produkte, um mein Styling umzusetzten und beraten zu können?

Service: Wie helfe ich meiner Kundin, an den 353 anderen Tagen gut auszusehen? Mit welchen kleinen Geschenken kann ich mein Dienstleistungsangebot darstellen und aufwerten?

Hier ein paar Ideen, um dem Thema Styling im Salon mehr Raum zu geben:

• Stylingschulungen für Kunden

• Stylinggeräte beim Handling genau erklären

• ein Themen-Angebotstisch (zum Beispiel „Rund um die Locke“)

• Verkauf von Haarspangen, Zopfhaltern, Pins und Stylinggeräten

• Verkauf und Beratung von sinnvollen Stylingprodukten

• Variationsmöglichkeiten der Frisur erklären

• Kleine Hochstecktricks für den täglichen Look aufzeigen

• SOS-Tricks für den Bad-hair-day

Du wirst bestimmt für deine Gäste die passenden Tools finden, die deine Dienstleistung abrunden. Sei mutig. Der Bedarf ist da. Erkennbar ist dieser schon allein anhand der unzähligen eingestaubten Stylinggeräte in den Badzimmern. Sie zeigen die große Bereitschaft unserer Gäste, Geld in schönes Haarstyling zu investieren. Und wenn Frau auch nach 100 Sichtungen eines Tutorials es immer noch nicht allein kann, dann kommt sie auch gerne zu uns, wenn sie Vertrauen hat und emotionale Hochmomente auf ihrer Friseurreise erleben kann. Eine wachsende Schar von freien Hairstylisten, die mit Jobs bei Hochzeiten und Events ausschließlich von Hairstyling leben, zeigt uns zusätzlich, dass der Markt stark ist und unsere Kunden dem Thema ein hohes Gewicht geben.

Übrigens: In der Episode 34 meines Podcastes „MeerSicht – Das Leben zwischen Kamm und Schere“, erzählt die bezaubernde Lisa Schmerer alias Kiwi-Blue aus ihrem Leben als Stylistin. In diesem Interview appelliert sie geradezu dafür, sich diesem wunderbaren Thema Styling zu widmen. Welche Tipps sie hat, kannst du gerne nachhören. Du findest die Aufzeichnung in jeder Podcast-App.

Stylische Grüße vom Meer, deine Stefanie Ehrich

 

Wie steht es eigentlich um den Friseur-Beruf? Mehr zum Thema: „Traumberuf Friseur?“