Zukunftssichere Friseurbranche: Mitgestalten statt mitarbeiten!

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Der Friseurberuf geht nicht ohne viel Herz und Leidenschaft!
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Der Friseurberuf geht nicht ohne viel Herz und Leidenschaft!

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Nur Kaffee kochen und putzen? Nein, so läuft das bei Martina Czichon (Bielefeld) und Christian Funk (Lüneburg) mit dem Friseurnachwuchs nicht! Denn beide wissen aus Erfahrung, dass nur vollwertige Fachkräfte dafür sorgen, dass der Laden läuft und ihr Geld wert sind. Und genau an dieser Stelle beißt sich die Katze den Schwanz ab: Denn Überlastung durch zu hohe Auslastung bei gleichzeitig zu geringen Löhnen und Preisen sowie Unterforderung sorgen dafür, dass der Friseurbranche seit Jahren der Nachwuchs fehlt und kaum noch jemand diesen wunderbaren Beruf ergreifen möchte. Ein Dilemma, aber durchaus mit potenziellen Auswegen, die uns Martina und Christian im FMFM-Interview erläutern und über die sie am 18. und 25. April 2021 ein spannendes Online-Seminar geben.

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FMFM: Wenn ein Handwerk in den letzten Wochen in den Medien präsent war, dann die Friseure! Was denkt ihr, hat diese Präsenz im Zuge des Lockdowns mit dem Image unserer Branche gemacht? Martina Czichon: Ganz klar, unser Image wurde definitiv aufgewertet!  Endlich wurde einmal Klartext gesprochen, wie es unserer Branche geht! Dank der Medien wurde das auch den Kunden bewusst gemacht. Die Wertschätzung, die uns nun entgegengebracht wird, ist gar nicht in Worte zu fassen. Die Kunden sind unglaublich dankbar und glücklich, wieder zu uns kommen zu dürfen.

Christian Funk: Meine MitarbeiterInnen werden seit dem 1. März mit Wertschätzung und Trinkgeldern geradezu beworfen! Meine Rezeptionistin hat am vergangenen Mittwoch über 180 € Trinkgeld erhalten, allein für die tolle Terminierungsarbeit während des Lockdowns! Neue Preise werden dankbar bezahlt und niemand kommt bei uns auf die Idee, diese zu hinterfragen. Wir Friseure täten sehr gut daran, diese Wertschätzung zu pflegen, unsere Arbeit wertvoll und wertig zu verkaufen und nicht wie nach dem ersten Lockdown unsere Kunden im Akkord und mit Überstunden abzuarbeiten!  

Glaubt ihr, dass dadurch auch der Beruf aufgewertet wurde und junge Leute dazu motiviert hat, Friseur zu werden? Christian: So weit würde ich jetzt nicht hoffen, denn wir haben zwar viel Aufmerksamkeit und Wertschätzung erhalten, aber ob das nun nachhaltig die durchaus schlechten Arbeits- und Lohnbedingungen positiv beeinflussen wird, ist natürlich fraglich! Ich konnte mich ja noch nie über einen Mangel an guten Bewerbungen beschweren, aber in diesem Jahr sind es schon auffällig viele! Vielleicht hat es ja doch geholfen?

Martina: Viele junge Leute möchten heutzutage einen Beruf mit Zukunft erlernen. Ich denke, die ganze Medienpräsenz hat gezeigt, wie wichtig der Friseur für die Menschen ist. Allerdings muss einiges passieren, z. B. was das Lohnniveau betrifft.

Azubis sind keine MitarbeiterInnen zweiter Klasse!

Wenn sich ein junger Mensch dazu entschließt Friseur zu werden, was hat unsere Branche ihm zu bieten? Christian: Schaut man sich die aktuelle Marktsituation an – im Durchschnitt leider nicht allzu viel! Schon zu meiner Zeit wurde ich belächelt und verhöhnt, als ich meinen Eltern mitteilte, dass ich Friseur werden wollte. Das ist heute eher schlimmer geworden, denn Löhne, Preise und Arbeitsbedingungen sind in den letzten Jahren deutlich Richtung Bodenplatte gegangen! Da muss ich mir als Unternehmer wirklich etwas ausdenken, um junge Leute, aber noch viel mehr deren Eltern zu überzeugen, dass WIR das alles ganz anders bzw. besser machen!

Martina: Der Friseurberuf ist definitiv ein zukunftssicherer Job! Jeder Tag ist anders und besonders. Wir können unserer Kreativität freien Lauf lassen und das schönste?! Wir sehen sofort das Ergebnis und erhalten ein direktes Kundenfeedback. Stillstand? Nicht in unserer Branche! Wir bilden uns ständig weiter und es gibt immer wieder neue Techniken, die es zu erlernen gibt.

Was darf der Friseurnachwuchs in seinem Job zu Recht erwarten? Martina: In meinem Unternehmen sind meine Auszubildende vollwertige MitarbeiterInnen. Ab dem ersten Tag sind sie voll mit dabei! Nur Kaffee kochen & putzen?! Natürlich NICHT! Es geht bei uns gleich ans Eingemachte, denn nur durch Übung bekommt man Routine und dadurch wird man richtig gut.

Christian: Auszubildende brauchen nicht nur eine fachlich hochwertige Ausbildung, mit der sie ab dem ersten Gesellentag für ein Unternehmen gewinnbringende Umsätze generieren und sich dadurch ein ordentliches Gehalt – fernab von Mindesttarifen oder gar Mindestlohn – sichern können! Die jungen Leute von Heute brauchen auch ein begeisterndes Umfeld, in der die Motivation vom Anfang frisch erhalten bleibt. Die Generation Z ist speziell, die kann man nicht mehr mit dem Worten „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ beruhigen. Diese Azubis wollen mitagieren, Verantwortung übernehmen und nicht nur ein kleines Rädchen im Getriebe sein! Meine Azubis sind meine wichtigsten MitarbeiterInnen und keine MitarbeiterInnen zweiter Klasse.

Martina Czichon Martina Czichon

Die Generation Z wünscht sich Perspektiven!

Warum fehlt es dennoch permanent an Nachwuchs? Christian: Hauptgrund dürften die allgemein schlechten Arbeits- und Ausbildungsbedingungen sein – die jungen Leute sind heute nicht mehr bereit, einen schlecht bezahlten Beruf zu ergreifen, in der Hoffnung, dass sie irgendwann einen besser verdienenden Ehepartner finden. Das passt einfach nicht mehr in das emanzipierte Weltbild! Vor 30 Jahren haben 50.000 Friseurunternehmer jährlich ca. 15.000 Friseure ausgebildet – heute schaffen über 80.000 gerade mal rund 5.700 pro Jahr, von denen etwa 40 % dem Beruf treu bleiben! Die Ausbildungsquote sank in den letzten Jahren auf unter 15 %.

Martina: Natürlich lockt der unterdurchschnittliche Ausbildungslohn nicht gerade die Azubis an. Das schreckt eher ab! Des Weiteren wollen immer mehr junge Leute studieren. Von daher müssen wir nun reagieren, um unseren Beruf so interessant wie möglich zu gestalten.

Welche „Schuld“ tragen hierbei die Ausbilder? Christian: Im Prinzip die volle Dröhnung! Die Generation Z ist einfach sehr speziell und wenn man es schafft, sich mit ihr positiv auseinanderzusetzen, kann man von diesen jungen Leuten eine ganze Menge lernen! Sie sind viel weiter (nicht reifer) als wir früher! Ich bin immer wieder erzürnt darüber, wie abfällig viele Erwachsene über die junge Generation urteilen und sich lustig machen! Ich selbst war zwischen 16 und 20 Jahren überhaupt nicht zurechnungsfähig – kompletter Idiot, der permanent Druck brauchte, um überhaupt irgendwie zu funktionieren! Ich war aber auch nicht so anspruchsvoll und habe nicht viel über meine Zukunft nachgedacht! Das ist bei der heutigen Generation vollkommen anders – die wollen und wünschen sich Perspektiven! Darauf müssen wir uns einstellen und mehr Partner mit Weisungsbefugnis als nur Chef sein!

Martina: Es ist kein Geheimnis, dass leider ganz oft die Auszubildenden als „billige Hilfskräfte“ benutzt werden! Demnach muss man handeln und die Ausbilder in die Verantwortung nehmen. Wir brauchen gute Mitarbeiter und die bekommen wir nur, wenn wir gut ausbilden!

Mitarbeiten ist „out“ – Mitgestalten macht glücklich und erfolgreich

Was könnt ihr als Arbeitgeber unternehmen, um euren Salon attraktiv zu machen – sowohl für neue MitarbeiterInnen als auch für Azubis? Martina: In erster Linie müssen wir uns um unsere Außenwirkung kümmern. Ein guter Internetauftritt ist heutzutage enorm wichtig! Des Weiteren müssen wir kommunizieren. Was ist das Besondere an meinem Unternehmen? Was biete ich meinen MitarbeiterInnen? Die Mitarbeitermotivation ist ebenfalls sehr wichtig! Wie man das schafft?! Man muss seine MitarbeiterInnen mit einbeziehen!

Christian: Wir müssen unsere MitarbeiterInnen zu MitgestalterInnen machen, die mit und in IHREM Unternehmen wachsen und ein Teil davon werden! Dann entwickeln sie den Stolz, den ich als Unternehmer immer wieder habe, weil mein Unternehmen etwas Besonderes ist. Ich erhalte von meinen MitarbeiterInnen immer wieder Vorschläge für Veränderungen, aber auch Kritik zu gewissen Strukturen. Diese Kritik nehme ich extrem ernst und diskutiere mit ihnen darüber. Und die freuen sich riesig über die Möglichkeit der Mitgestaltung! Genau mit dieser Art zu führen muss ich an die Öffentlichkeit gehen! Denn gute Strukturen sprechen sich rum und werden von der Familie und den Freunden mit verbreitet! Mitarbeitermagnet werden – das ist der Weg! Lese ich die vielen langweiligen, unemotionalen und vor allem „nur“ fordernden Jobanzeigen, wundere ich mich rein gar nicht, dass keiner MitarbeiterInnen findet! Warum sollte auch jemand in einem Salon anfangen wollen, der nicht mal eine Web- und eine sehr schlechte Facebookseite hat, voll mit alten Bildern und Krempel! Viele sind leider betriebsblind und sollten sich mal fragen, ob sie als ArbeitnehmerInnen gerne in ihrem eigenen Salon arbeiten würden.

Was muss genau JETZT passieren, um den Friseurberuf in der Öffentlichkeit dauerhaft attraktiv zu machen? Christian: Das einzige, was „noch“ einigermaßen helfen würde – die Arbeits- Preise- und Lohnsituation auf ein vernünftiges Maß zu heben! „Handwerk hat goldenen Boden“ – das zählt langsam wieder! Nur nicht im Friseurhandwerk – wir sind „nur“ noch Dienstleister und keine Handwerker und haben schon vor 30 Jahren verpennt, uns den Strukturen des restlichen Handwerks anzupassen! Schaffen wir es innerhalb der nächsten 3-5 Jahre nicht, diese Situation um 180° zu drehen, wird uns so dramatisch die Puste ausgehen und Friseure mit gesunden Strukturen werden Seltenheitswert haben! Schon heute ist die meistgestellte Frage auf meinem Blog – „Wie finde ich nur einen guten Friseur“? Die Branche verkümmert von innen heraus und unsere Anführer feiern Tarifverträge nahe am Mindestlohn, verharren in starren altertümlichen Ausbildungsstrukturen und vergrellen so noch den letzten jungen Menschen, der eigentlich grundsätzlich Lust auf diesen unglaublich schönen Beruf hätte! Hier muss eine gesamte Branche saniert und auf die Anforderungen von Heute gepolt werden!

Martina: Das Lohnniveau muss steigen. Man hört immer wieder, dass man als Friseur nichts verdient. Genau da müssen wir anfangen etwas zu ändern. Das geht allerdings nur mit vernünftigen Preisen!

Geht es darum in eurem gemeinsamen Seminar? Christian: Eines steht fest, Kunden haben wir in Zukunft wohl alle genug. Nur wer soll die denn bedienen, wenn wir nicht mehr ausreichend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung haben? Wir werden in unserem Seminar SalonunternehmerInnen zeigen, wie man ein mitarbeiterfreundliches Unternehmenskonzept auf die Beine stellt mit einem positiven Branding, das sich schnell herumspricht.

Martina: Dabei geht es vor allem um ein faires Preis-, Leistungs- und Lohnniveau, Mitarbeitermotivation, das eigene Salonimage und -marketing als Schlüssel für eine positive Außenwirkung. Wir müssen uns und unser Team für künftige MitarbeiterInnen attraktiv machen, um dem Friseurberuf wieder auf die Sprünge zu helfen.

 

Alle Infos zum Mitgestalter–Seminar für Friseure von und mit Martina und Christian erfahrt ihr hier: https://www.friseur-coaching.de.

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