„Diese Zeit ist der Albtraum“ – Friseurin Katrin Holz in der (Corona-)Krise

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Mehr Fragen als Antworten - der Corona-Lockdown kostet Katrin Holz viel Kraft
Foto: ANDRA
Mehr Fragen als Antworten - der Corona-Lockdown kostet Katrin Holz viel Kraft

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Wie soll Frau die Fahne des Optimismus hochhalten, wenn eine ungewisse Zukunft ihr die Kehle zuschnürt? Friseurunternehmerin, Coach und Mutter Katrin Holz erlebt im endlos anmutenden zweiten Lockdown ihren persönlichen Albtraum. „Diese dauerhafte Unsicherheit! Dieser Verlust des Sinns im Alltag!“ Welche Fragen der engagierten Powerfrau besonders zusetzen, erzählt sie uns hier.

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„Ja, wir befinden uns immer noch im 2. Lockdown. Das Ende ist unabsehbar. Aktuell ist das einzig Klare die Unklarheit. Anträge auf Entschädigungen und Fördermittel gibt es. Wann wir diese Gelder erhalten – unklar. Ob diese Gelder reichen werden – unklar. Wann wir weiterarbeiten dürfen – unklar. Wie und mit welchen Maßnahmen dann gearbeitet werden darf – unklar.

Ein Beschluss. Die Existenz in Gefahr. Des Lebenswerks beraubt. Eine Zeit lang macht man (Frau) das mit. Wir halten durch. Doch die Ohnmacht, die sich ausbreitet, wird immer unerträglicher. Mit meinem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis stoße ich jeden Tag mehr an meine Grenzen – als selbstständige Frau und als Mutter.

Lehrerin, Mutter und Unternehmerin

Während ich gerade diesen Text verfasse, versuche ich mich als Lehrer der 1. und 4. Klasse. Rechnen, schreiben, lesen und was noch alles dazu kommt. Ich gebe mein Bestes. Parallel dazu halte ich meinen Kleinsten davon ab, die Schulhefte in Malhefte umzuwandeln. Er ist mit seinen eineinhalb Jahren überall dabei.

Das Telefon klingelt. Auf einem Arm den Kleinen, mit Gedanken beim Erklären der Schulaufgaben, klemme ich mir das Telefon zwischen Ohr und Schulter. Eine Mitarbeiterin meldet sich freudig. Sie ist schwanger. Die dritte unserer Mitarbeiterinnen in dieser Phase der Pandemie. Die nächste teilt uns mit, sie könne mit der FFP2-Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten.

Das Team, das Wir – was bleibt dann noch?

Was bedeutet diese Zeit für unser Team? Was passiert mit unseren Beziehungen untereinander? Was wird aus unserem hart erarbeiteten „Wir-Gefühl“? Ich bin mir unsicher, ob wir Frauen mehr darunter leiden als Männer. Der Sinn geht verloren. Unfähig zu denken, ob es im Salon wieder so werden wird, wie es einst war.

Jeder Mitarbeiter geht auf die eigene Art und Weise mit dieser Ohnmacht um. Manche sind so engagiert wie eh und je. Sie besuchen Fachfortbildungen in Form von Webinaren oder bringen den Salon auf Vordermann. Andere sind wie untergetaucht. Ich höre nichts von ihnen und mache mir Sorgen. Geht es allen gut? Also, soweit es halt möglich ist. Vor allem mache ich mir Gedanken zum Alltag. Die jungen Mütter – und natürlich auch die anderen – müssen mit wesentlich weniger Lohn und fehlenden Trinkgeldern ihr Leben bestreiten. Existenzangst breitet sich aus. Denn selbst falls wir morgen öffnen dürften: es fehlt an Betreuung und somit ist es für viele gerade nicht mal möglich zu arbeiten.

Arbeit nach dem Lockdown

Natürlich stelle ich mir die Frage, wie das Arbeiten nach der Eröffnung aussehen wird. Ein permanentes Tragen der Masken quält uns alle. Und dann jetzt mit FFP2-Masken, mit ständigem Lüften und endlosen Hygiene-Vorschriften. Die Arbeitsbedingungen werden so nicht wirklich besser. Und werden sich dann Mitarbeiter unter solchen Bedingungen weiterhin für den Friseur-Beruf entscheiden?

Wir lieben es, unsere Kunden zu verwöhnen. Aber das ist in der Praxis überhaupt nicht möglich. Eher kommt unser Salon vom Gefühl her einem OP nahe: Keine Getränke mehr, Zeitung ist verboten, Abstand wo auch immer möglich und dann die notwendige Preiserhöhung dank der ganzen Maßnahmen. Wir Friseure wurden teilweise schon nach dem ersten Lockdown als „Abzocker“ bezeichnet.

Perspektivlosigkeit und Angst

In der nahen Zukunft sehe ich gerade kaum Perspektiven. Angst breitet sich bei mir aus. Ich bin unsicher, wie wir Frauen neben Homeschooling, Kleinkindbetreuung und Schwangerschaft auch noch das Überleben des eigenen Unternehmens sichern sollen. Wir wollen das alle. Aber wie?

Von der Politik wünsche ich mir Unterstützung. Gute Konzepte, wie eine schnelle Wiedereröffnung möglich wird. Förderungen und Entschädigungen für Mitarbeiter und Unternehmen werden benötigt. Jetzt! Zur stabilen Preiskalkulation benötigen wir dauerhaft steuerliche Vergünstigungen. Wir wollen unsere Unternehmen sichern und – wenn nötig – wieder neu aufbauen. Uns Friseuren, wünsche ich enorm viel Kraft, gemeinsames Zusammenhalten und gegenseitige Unterstützung.“